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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0323

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633

Kunsthandel.

634

Renaissanceformen. An allen diesen gleichzeilig ent-
standenen Werken sieht man so recht den Kampf der
beiden künstlerischen Slrömungen. Beachtenswert ist
auch das Epitaphium dcs Johann Unwirt, cin Werk
der ausgebildeten Hochrenaissance, dessen Relief der
Aufer>tehung und Himmclsahrt Christi durchaus untcr
dem Einfluß des Raffaelischen Stiles steht. Das

Mcisters Johann Hofmanu, wahrscheinlich eiiies
Verwandten des wohlbekaniitcn Nikcl Hofmann, Bau-
meisters derMarienkirche in Halle. Einfacher, aber durch
trefflichc Reliefmedaillons ausgczcichnet ist ein anderes
Portal, das ebenfalls die Jahrcszahl 1539 trägt.
Beide Werke sind in klarem Lichtdruck veranschaulicht.
Es sei noch hervorgehoben, daß die Steinmetzzeichen

Großarligste von allen diesen Kunstwerken sind abcr I iiberall mitgeteilt sind und daß auch diesmal durch

die berühmten Reliefs dcr Emporenbrllstungen, wclche !

»icht weniger als 79 Bilderu den umfaugreichsten
biblischen Cyklus darstcllcn, welcher wohl jenials !
Plastisch ausgeführt worden ist. Daran schließen sich
»och 20 weiterc Relicfs, wclche in naiver Weise die
Lebensalter der beiden Geschlechter darstellen.

Vvn dcn kleincrcn Kunstwcrken, die hier in Be-
tracht konimen, sei das ältcste Stadtsiegel erwähnt,
dessen Abbildung cin Werk vom Ausgaug dcs Mittel-
alters erkennen läßt. Es zcigt den thrvuenden Welt- ^
richter, und zwar nicht, wie die Beschreibung angiebt,
mit einem „Schwert, aus welchem Lilien sprießen",
sondern vielmehr nach linkö, nach der Scite dcr Ver-
dammten, ist es ciu Schwert, nach rechts dagegen, der
Seite der Gerechteu, ist cs eine Lilie. llutcr dieser
grvßeren Darstellung sieht man die Schutzpatrouin der
Stadt, dic heil. Anna selbdritt.

Jch muß darauf verzichten, der Darstellnng des
Verfassers bis in alle wichtigeren Einzelheiten zu folgen,
»nd hebe zunächst nur aus Ehrenfriedersdvrf die un-
gemein origiuelle und unregelmäßige zweischiffigeHallcii-
anlage der Nikolaikirche hervor, deren prächtiger spät-
gvtischcr Kelch durch zwei schöne photvgraphische
Aufnahmen in Lichtdruck wiedergegeben ist. Auf dem
Rittergut Geycrsberg begriißcn wir das uvch wohl
crhältcne Wohnhaus des bckannten sächsischen Bau-
meistersHieronymus Lvtter. Vor allem wichiig abcr
sind die Nachrichten über zahlreichc zum Teil noch wvhl
erhaltene Altarwerkc des späten Mittelalters, dic sür
eiue kllnftige eingchcnde llntcrsuchung des stilistischcu
Charakters uud des Zusammeiihanges mit deu ver-
schicdcueu Schulen der Zeit ciue lohncnde Aufgabe
verheißen.

Das solgende sUnfte Heft, der Amtshauptmanii-
schaft Nkaricnbcrg gewidmet, steht an Reichlum und
Bedeutuug dem vvrhergchendcn selbstverständlich uach,
bringt abcr ebeufalls manchen wertvollen Beitrag für
cine küuftig eiuiual zu schreibende Geschichte dcr sächsi-
schen Kunst. 2ch hebe dcn ausgezeichneten silberncii
Deckclpokal von Grünthal, und zwar aus dcr dortigen
Saigerhütte, jctzt im Grlluen Gewölbe zu Dresden, her-
vor, inschristlich 1625 Vvn dem Frciberger Gvldschmiede
David Winckler gcarbeitct. Sodann aus Marien-
berg das etwas derbe, aber charaktervolle Renaissance-
portal des Rathauscs, vom Jahre 1539, ein Werk des

die zahlreichen Nachbildungen Dilichschcr Federzeich-
nungen diese Publikation einen wertvollen Schmuck er-
halten hat.

W. Liibkc.

Aunsthandel.

Dic hcrvoiKigciibstcn lücmäldc ältcrcr Mcistcr unb zcitgcnölfi-
schcr Kiiiistlcr in Photogravürcn. Verlag von Ad. Braun
Co.. Dornach. Gr. Fol.

L.ck.^. Sobald gegen Ende der fünfziger Jahre die ersten
^ gelungenen Versuche mit photographischen Aufnahmen von
Gemälden und Zeichnungen gemacht ivaren, entstand der
Wunsch, die Photographie in den direkten Dienst der graphi-
schen Künste cinzuführen Man bemühte sich, von dem Glas-
negativ eine Platte zu erzielen, sei es auf Kupfer, Zink,
Stahl odcr auf Stein, um von ihr, ohne iveitere Vermitte-
lung des LichteS. also ohne ferner auf mehr oder iveniger
zersetzbare Chemikalien angewiesen zu sein, mit gewöhnlicher
Druckerschivärze und auf der Presse eine ziemlich unbegrenzte
stahl guter, dauerhafter Abdrücke zu erzielen. Ohne dem
Verdienste der vielen, auf diesem Gcbiete arbeitenden Män-
ner, eines Nieper, Paul Pretzsch u. a. zu nahe treten zu
ivollen, darf man sagen, daß das Jdeal einer auf rem chemi-
schem Wege erzielten druckfertigen Kupferplatte bis m die
ncueste Zeit noch nicht erreicht ivcrden wollte. Sollten die
I Abzügc befriedigend ausfallen, so iiiiißte die Platte iinmer
! noch mehr oder wcniger mit dem bereeuu oder der roulstto,
mit dem Schabeisen öder dem Polirstahl bcarbeitet werden.
Erst nachdem ncucrdinqs an verschiedenen Orten Resultate
crzielt ivorden sind, bei denen die nachbesserndc Menscken
hand überflüssig geivorden ist, kann die Heliographie als ein
den anderen vervielfältigenden Künsten gleichberechtigtes Ver-
fahrcn angesehen iverden. So haben denn die Herren Braun
L Co. auch ganz Necht. ivenn sie, ivie ähnliche Firmen, cs
an der Zeit halten, den bisherigen Kreis ihrer Publikationen
durch die Herausgabe hcrvorragendcr Gemälde in Photogra-
vüren zu eriveite'rn. Haben auch die iieuesten Braunschen
Galeriewerke (Eremitage, Dresden, London -c.) durch die
Treue der Wiedcrgabe und die feine Abtönung der sorgsältig
hergestellten Kohlendrucke alle gerechten Ansprüche der Kunst-
forscher und Kenner vollkommen bofriedigt, so läßt sich doch
nicht lcugncii, daß immer noch manche Kreise diesen schönen
Blättern kühl, um nicht zu sagen ablehnend, gegenüber stehen.

Es giebt ivohl keinen Galeriedirektor mehr, der sagt: So
lange ich lebe, kommt kein Photograph in die mir unter-
stcllten Säle —, aber viele Gebildete ziehen doch noch einen
Stich, und sci er noch so schwach in der Zeichnung oder hart in
den Tönen, auch der bcsten Photographie vor. Er gilt ihnen,
ganz abgesehen von Dauerhaftigkeit oder Geldwert, als die
vornehmere Wanddekoration. Für solchc Kunstfreunde — und
deren Zahl ist nicht gering — ivird die neueste Publikation
eine ivillkommeiie Gabe sein: diese Blättcr sind guten Schwarz-
kunstarbeiten vollkommeii ebenbürtig. Wir halten es dem-
nach nicht sür überflllssig, der neulich in diesen Blättern cr-
chicnenen Notiz über die neueste Vraunsche Publikation hier
noch gleich einige Wortc folgen zu lassen. Es ist beabsichtiqt
aus dem reichen Vorrat der in allen Galerien Europas qe'
machten Aufiiahmen die besten Werke alter und neuer Meister
auszuwählen und in zwanglosen etwa vierwöchentlichen
Lieferungen zu veröffentlichen. Die erste soeben erschienene
Serie von fllnf Blättern bringt Nuysdaels prachtvolle
„Sumpflandschaft" der Eremitage, Rembrandts ticscmpfun-
 
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