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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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701

Sammlungen und Ausstellungen. — Berinischte Nachrichten.

702

dem Schauplatz der musikalischen Konkurrenz; neben ihnen,
aber dem mit monumentalen Eselsohren ausgerüsteten,
Uchtlich gelangweilten Preisrichter zugewandt, macht der eben-
falls zum Abgang ausgerüstete Hernies, wie aus der Panto-
mime herauszulesen ist, eine mißliebige Bemerkung über den
von Midas an den Tag gelegten Mangel an ästhetischem Ur-
teil. Das Gegengewicht gegen die mißvergnügten Zuhörer
bildet eine zu den Füßen des Flötenbläsers gelagerte Gruppe
von Waldgöttern und Nymphen, die zwar auch nicht über-
mäßig vergnügt aussehen, aber dem musikalischen Vortrage
doch eine gewisse Synipathie entgegenbringen. Die Kompo-
fition ist in großem Stile klar geordnet, das Kolorit hart,
die Luftperspektive wohl absichtlich vernachlässigt, die Zeich-
nung von sludirter Korrektheit in den durch Anniut der For-
men ausgezeichneten Gruppen des Vordergrundes, das Nackte
und die Gewandung sorgfältig, aber nicht überall glücklich
behandelt. Man sagt, der Künstler habe mit Ler Wahl des
«tosfes eine polemische Absicht verbunden, so etwas wie eine
Satire auf den Kultus des Häßlichen in der niodernsten
Kunstübung im Sinne gehabt. Schade nur, daß man von
Witz in dem ölfarbenen Protest des Akademikers nichts spürt
und daß der Mangel an lebendigeni Gefühlsausdruck die Ab-
sicht desselben nur schwer verständlich und wirksam macht.
^ft es ein böser Zufall oder edle Absicht, daß in uninittel-
barer Nähe des trotz seiner Niederlage siegreichen Gottes ein
Bild von Scheurenberg aufgestellt ist) in welchem die
„Dorfliebe", nach der Natur studirt, in einem durch die Ab-
wesenheit aller Grazie ausgezeichiieten Liebcspaar geschildert
wird? Da ist nichts von Anmut, auch in der Landschaft
nicht. die sich übermäßig grün und brcit macht, aber der
rüpelhafte Bursche und der Gegenstand seiner Zuneigung
si»d doch ganz bei der Sache. sie haben doch so etwas wie
eine Seele und der Essekt ist nicht minder gründlich vorge-
tragen, wie die Kleidungsstücke abgetragen sind, in die der
stünstler seine Jdeale gesteckt hat. Sollte nicht jeder Ilnbe-
langene, zwischen diesen beiden Äußerungen zeitgenössischen ^
Kunsttriebes stchend, auf den philisterhaftcn Gedanken koni-
men, daß die Wahrheit in der Mitte liege?

6. .4. I!. K. G. Hcllquist, der sich in München gebildet,
hat daselbst ein großes Bild „Am Hafen von Wolgast,
15. Juni 1633" ausgestellt, das die Überbringung der Leiche
Gustav Adolfs auf ein Schiff der schwedischen Kriegsflotte
zum Gegenstande hat und sich in erster Neihe durch streng
historische Komposition, Betonung des rein Menschlichen und
tiefen Ernst auszeichnet und damit eine wohlthuend einfache
und klare Technik verbindet.

LH L. Zn dcr von der königl. Hofkunsthandlung von
Flcischmaiin i» Münckicn im dortigen Odeon veranstalteten
Kunstausstelluiig zieht Rock> egrosse' s „Bauernaufstand",
ein figurenreichcs Kolossalgemälde, zunächst die Aufmerksam-
keit auf sich. Eine Gruppe edler Frauen wird von den
Bauern, nach Ermordung des Burgherrn, dessen Saupt und
Serz sie auf Spieße gesteckt herbeibrmgen, in der Burq über-
fallen. Dcr Künstler ging als echter Franzose auf schlagende
Gegensätze aus und geht mit dem Blut mehr als verschwen-
derisch um, aber es fehlt der Komposition nicht an echt dra-
matischem Leben, der Farbe nicht an Sattheit und Tiefe, dcr
Gesanitslimmung nicht an Harmonie. Selbstverständlich ist
das Stoffliche stark betont. — Von Gabr. Max enthält die
Ausstellung eine „Himmelskönigin", deren Erscheinunq aber
viel mehr an die stille Rcsignation der Jungfrau erinncrt,
wclcher der Engel die geheiinnisvolle Botschaft bringt. Auch
die technische Durchbildung Iteht nicht auf derHöhe früherer
Bilder des bcrühmten Kunstlers.

6. .4.1t. Bo» Ädam Kun, sah man im Münchener Kunst-
verein ein Stillleben von so hoher Schönheit und so tiefqe-
sättigtcr Farbengebung, daß man es, ohne Widersprüch

fürchten zu nillssen, den bestcn Werkcn der berühmtesten alten
Holländer an die Seitc stcllen darst Und auS welchem Material
hat es der geniale Künstler geichaifcii? Aus einein in Silbcr
qefaßten Glaspokal, einem mit einein Bacchantenzuqe dcko-
rirten Elfenbeinkrug und einer alten dickleibigen Taschcnuhr
x. Uhdc's ncucstcs Wcrk „Christus und dje Ju.sger in
Emaus" ist im Salon des t. k. .voskunsthändlers H ei 01-,,-
mann (aus Wien) in Mllnchen ausgestcllt. Es bekundet cinen
erfreulichen koloristischen rzwrtschritt; der Künstler hat der ab-
geblaßtcn. verschossencn sarbung der früheren Bilder Lalct
gesagt und ist zu satteren, lebhafteren, wärineren Tönen zu-

rückgekehrt. Der Widerspruch, welcher schon in dem von uns
mchrfach erwähnten Bilde „Lasset die Kindlein zu mir kom-
iiien" zu finden war, nänilich die Verschiedenheik der Kleidung
des Christus, welcher in der typischen Gewandung einher-
geht, und der Jünger bezw. Kinder, welche in niodernen
Kleidern stecken, will im Grunde wenig besagen; ja die Dar-
stellung scheint uns gerade darum sogleich anzuniuten und
einzunehmen. Und werden wir uns dann des Widerspruchs
bewußt, so vermag dieS ilnserem Wohlgefallen keinen Abbruch
mehr zu thun. Renibrandt und Cranach erlaubten sich doch
noch ganz andere Dinge und standen darum nicht geringer
in Ansehen bei der Mit- und Nachwelt. Wir wcrden vicl-
leicht später Gelegenheit haben, von der künstlerischen Thätig-
keit F. von Uhde's, dor sich iinmer bedeutender entwickelt, ein
Gesamtbild in diesen Blättern zu geben.

Vermischte Nachrichten.

811. Das Gtwcrbcmuscum in Brcmcn hat seinen Ge-
schäftsbericht für 1884 verösfentlicht. Die „Technische Anstalt
für Gewerbtreibende" ist in dem geiiannten Jahre in ihr
noues Lokal an der Kaiserstraße llbergesiedelt und hat seil-
dem den Titel „Geiverbemuseuin" angenomnien. Der Bericht
bezeugt den Fortschritt und das Gedeihen der Anstalt, welche
bekanntlich unter der trefflichen Leitung des Architekten
Aug. Töpfer steht. Die neuen Näume vereinigen nunmehr
in sich die Sammlung von älteren Erzeugnisscn des Kunst-
gewerbos (Mustersainnilung) mit 3606 Nummern, eine per-
inanente Nusstellung moderner (verkäuflicher) Kunstnrbeiten,
eine Vorbildersammlung mit Zeichensaal und Auskunftsstelle
fllr Geiverbtreibende, eino Fachunterrichtsanstalt und eine
Gipsgießerci nebst Versiichsanstalt. Fiir das Winterhalbjahr
sind rogelmäßige Vorlesunaskurss eingerichtet, zu welchen
außer den Schlllern der Anstalt auch das Publikum Zu-
tritt hat.

— r. Kunstgcwcibcniustum in Rom. Der seit dcr Be-
qründung dieser Änstalt fungirende Sckretär N. Erculei, der
sich als tllchtiger Fachinann eiwiesen hat, ist zum Direktor
des Museums ernannt worden. Das Museum wird künftig
cin Jahresbudget von 30060 Lire haben, die zu einem Drittcl
von^der Stadt Rom, zu zwoi Dritteln vom Ministcr für
Handel und Gewerbe beigcsteuert werden. Der städtische Zu-
schuß muß jährlich ungeteilt auf den Ankauf kunstgewerb-
lichcr Gegenständo verwandt werden, welche Eigentuin der
Stadt bleiben. Jn Verbindung mit dem Museuni soll cine
Gipsformerei eingerichtet werdcn, um dort diejenigen Modelle
herzustellen, welche der Staat fiir die von ihm subventionir-
ten Schulen bestiiiimt. Neben dem Direktor ist ein aus neun
Mitgliedern bestehender Aufsichtsrat in Funktion, von welchen
drei seitens dcr Regierung, sechs seitens der Stadt ernaiint
werden. Einen Katalog besitzt das Museum bisher nicht,
doch beabsichtigt der neue Direktor, mit der Herstellung eines
solchen baldmöglichst vorzugehen.

R. — Nllrnbcrg. — Dem Jahresbericht der königl.
Kunstgewerbeschule für das Schuljahr 1884/85 entnehmen wir,
daß die Gesamtzahl der Besucher wührend dieser Periode 271
lietrug. Einon schweren Verlust erlitt die Anstalt durch den
Tod des Direktors Gnauth, dem ain 1. April d. I. Hcrr
C. Hammer als Nachfolger bestellt wurde. Der Bericht ent-
hält den ausführlichen Lehrplan der Anstalt, Bemerkungen
über benutzte Lehrmittel, das bearboitete Lehrmatorial und
die Lehrmethode, sowie ein ausführliches Lehrer- und Schüler-
verzeichnis.

— r. Paris. Weltausstclluiig 1880. Die Finanzko»!-
mission dcs Senats hat einen Kredit von 100000 Frs. sür
vorbercitende Studien in Bezug auf die Ausstollung von
1880 bewilligt. Danach scheint von eineni beabsichtigten Aus-
schub der Weltausstellung doch nicht die Rede zu sein, wie
die Anhänger der für 1888 zu Berlin geplanten allgemeinen
deulschen Jndilstrieausstellung kllrzlich ßern als Neuigkeit in
die Welt setztcn!

— r. Hildesheim. Muscumsbau. — Die Staatsregie-

rung hat einen Beirag von 100 000 Mark für den Anbau
eines Flügels nn das hiesige Museum bewilligt. Da diese
Suinnie indeS die Baukosten nicht dcckt. haben die städtischen
Kollegien auf Antrag des Museunisvereins eine weitere Bei-
steucr von 30 000 Mark dazu gcwährt. Der Neubau soll im
gotischen Stil auSgeführt werden. (Baugew.-Ztg )
 
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