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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 1 (Oktoberheft 1929)
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Alverdes, Paul: Über Hugo von Hofmannsthal
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Grimm, Hans: Der Richter in der Karu: Novelle
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0027

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Welk ihr Dasein verdanken — denn weder dieser Basilius noch dieser sein
mörderischer Gegenpol sind ohne Liebe zu erschaffen gewesen — die WorLe
aus dem Munde zu stehlen, denn dork allein sind sie wahr. Ist auch dieses
Drama mit seinem Schauplah eines Königreiches Polen, „aber mehr der
Sage als der Geschichke", ein ganz nnd gar politisches Drama, so ist es doch
ein GedichL und kein TrakLakL.

Wcnn es aber erlaubL ist, diese AndeuLungen und Erinnerungen rm'L cinem
Wort Hosmannschals zu schließen, das unsere ZeiL meinL, und das, dem
Gedächknis eines großen ToLcn geweihL, durch die Fügung des Geschickes
nun auf ihn selber bezogen werden dars, so finden wir kein schöneres als
dieses aus seiner Rede aus Grillparzer vom Iahre 1922: „...wenn die
Geschicke dumps und zwciselswürdig daliegen, da kann nur die innige Be-
LrachLung einer cinzelnen großen GestalL uns aufrichLen. Das Allgemeine,
wie wir es zu erkennen glauben, ist Lrügerisch und wesenlos; in wenigen
Wesen aber lebL das MenschcngeschlechL ganz; ihnen ist nichk leichL zu be-
gegnen, aber wir suchen beständig nach ihren Spuren, und sie in ihren geisti-
gen Werken zu gewahren, ist unscr höchster Lebensgewinn."

Der Richter m der Karu

Novelle von Hans Grimm

^O^er RichLer fuhr durch die Karu. Es war noch in jener Zeik, da alle
'^-^Richker des Hohen GerichLes des Kaplandes Engländer warcn und da die
Eisenbahn noch nichk bis zur KarustadL reichLe und einer Sr. LordschafLen zwei-
mal des Iahres aus KapstadL in der Karu erschien, um in den Orken des Hin-
Lerlandes den Geschworenengerichken vorzusitzen und die großen Skrafen aus-
zusprechen des Todes und der langen Gefangenschafk, um Ehen zu scheiden und
Kämpfe um Vermögcn und bedeutende WerLc durch sein llrteil zu beendigcn.
Der Nichker besaß seinen kräftigen Reisekarren, der auf zwei sehr hohen Nä-
dern lief wie die Reisekarren anderer Menfchen. Denn, wenn schon ein Rich-
Ler wie ein ganzer König ist und sich selbst der königlichen Schwachheiken zu
enkhalten versuchk, und wenn schon vom britischen Volke alles geschiehk, die
Majestäk des Rcchkes in scincn RichLern zu ehren, sobald die asrikanischen
Sickerbäche und Trockenläufe sich süllen und reißend werden vom plöHlichen
Regen oder sich sonst die Nakur wehrk gegen menfchliche Anmaßung und
kecke Einbildung mik Staub und Sand und Steinen und Skürmen, unter-
scheidek sie nicht.

Hinker des Richkers Karren nüt den vier Pferden fuhr voll beladen der
Gepäckkarren. Des Nichters Diener saß neben dem KuLscher auf dem er-
sten Wagen, dcs Richters Koch saß zwischen dem Gepäck. Die Wagen
nüL den anderen Zugehörigen der richkerlichen Rundreise, mik dem öffenklicheu
Ankläger, mik dem Protokollsührer, nüt den verschiedenen Anwälken und den
sonstigen Beamkeken waren zurück und außer SichL. VielleichL hatken die Her-
ren an dem schöncn Morgen und bei der ChampagnerlufL und vor der Fern-
sichk und in der Farbenpracht der barrenen, ungeheueren Hochebene der Karu
das freie Frühstück ausgedehnt; vielleichk fuhren ihre Karren, darinnen sie nach
Lust beieinander saßen, und daraus es auch für die Fahrer manches UnLer-

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