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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 6 (März 1930)
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Lachmann, Eduard: Anruf in der Nacht: Erzählung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0431

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Anruf m der ^dachk

Erzählung von
Eduard Laihmann

^T-s war im vicrken Jahre dcs Krieges, im Sommer kurz vor der Wende.
^-^Die Wagschalen des Wafsenglückes erschienen cine Zeiklang wie ausge-
glichen. Mik der lehken Wuchk sammclken die eingeschlossenen Mächke ihre
Kräfke, um den Wall ringsum zu durchbrcchen. Der erste Anlauf war
fehlgeschlagen nach anfänglichen Erfolgen. Nvn hakke man in aller Heimlich-
keik an einer anderen Stclle zusammengeballk, was an Truppen aufzubringen
war. Diese selbsk kannken nichk den gewalkigen Plan. 2lber ihre Ähnungen
kamen der Wahrheik nahe. Denn es blieb nichk ans, daß in den Skunden vor
der großen Enkschcidung über das Geschick der Völker die mächkige Spannung
sich mikteilke den Kämpfern vorn im Graben und an den GeschüHen, noch che
das Work vom Angriff ausgesprochen war.

Der Versuch, daß man das Glück wende, mißlang. Verloren war die
Schlacht, bevor der erste Schuß fiel. Im Lager drüben hatken sie die Absichten
erkannt und begegneken ihnen, indem sie rechkzeikig auswichen und dann vom
sicheren Orke aus selbst vorskießen. Wohleingerichketen Ferngeschühen des
Feindes ficl auch eine Gruppe HaubiHen zum Opfer, die an eiuem abgewand-
ken Berghang unweik den vorderen Gräben auf dem rechken Flügel des An-
griffabschnikks aufgestellk war. 2lls eiuziger von den sie bediencnden Mann-
schafken kam mik dem Leben davon ein junger Freiwilliger, Konrad Möllen-
host mik Namen, angehender Skudenk der Medizin. Den linken 2lrm zer-
schmetkerke ihm ein Skück glühendcn Eifens.

In kurzen SäHen ist abgekau, was seine Wirkung hak in Geschlechkerfolgen.
Ein 2lugenblick war es, in dem es geschah. Mehr ist das nichk, eine Nacht,
einc solche llrachk, die ersten Skunden des Morgens, wenn man die Spanne
mißk an den Völkergezeiten.

Doch nichk von ungefähr geschiehk, was geschichk. Langsam kommt herauf,
ziehk sich zusammen aus Höhe und Tiefe cin wolkichk sich ballendcs Duukel.
Verschükkete Quellen springen auf, der Mensch brichk aus und rufk in die
Nncht, die schicksalkrächkig heraufwächsk und im Lichk den Donner entbindet.
Da ist die Landschafk, da sind Hügelwellen, Waldskücke, Baumgruppen. 2luch
Menschenwerk ist da. Skraßen ziehen sich übcr das Land, schnurgerade
Skraßen, von steilen Pappeln eingesäumk. Feldwege biegen von den Straßen
ab und führen vorbei an einzelnen Häuscrn zu Häusergruppen, zu einer größe-
ren Siedlung. Der Sommer skehk hoch.

Von sehr weik oben her gesehen mag es das 2lbbild sein eines von Menschen-
hand geordneken und gewirkken Bezirks der Erde. 2lber die Ordnung ist un-
Lerbrochen. Es sind keine Ernkefelder da. Keine Schnitker binden Garben,
kehren heim am Sommerabend. Die Erde dienk nichk den Menschen. Sie
wucherk wild. Oder sie dienk ihm zu anderem Zweck als dem, den Menschen
zu nähren, zu kleiden, ihm Skakt zu bieken zum Nuhen. Weik und hoch
hängk der Himmel über dem leeren Land.

llnfern der großen Skraße, die nach Norden führk, aus einem Hügel, den
Buschwerk und einige Bäume umstehen, isk in und um den Gebäuden eines

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