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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 2 (Novemberheft 1929)
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Kolbenheyer, Erwin Guido: Wo bleiben die Universitäten?
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Buchheit, Gert: Über den Totentanz
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0104

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fluß zu nehmcn. Aber auch Kollegien und Seminare könnken nichk ganze
älrbeik leifken, wenn nicht zugleich die Lekkorate für Vortragskunfk, Musik
und bildende Künfie ausgebauk würden und jedcm Hörer (analog der Spork-
verpflichkung für gewisse Skudiengebieke) die Bekeiligung an einem der drei
Lekkorake obligak gcmachk würde. Kunfiübung, und fei sie auch nur auf der
Skufe der Kunftliebhaberei möglich, iß ein wesenkliches Erfordernis für die
Fruchkbarkeik einer kheorekifchen Förderung in Kollegien und Seminaren.

Hak unser im rakionalifiischen Exkrem verödekes Zivilisakionsleben vergessen,
daß es Zeiken gegeben hak, in denen die kscultss artlum (die „Arkistenfakul-
käk") eine unerläßliche Vorftufe jedes höheren akademifchen Grades gewesen
ift, so sollken die Hükerinnen unserer Kulkur, die Llniversikäken nnscrer Zeik,
nichk vergessen, daß die Wurzeln auch unseres heukigen Kulkurlebens in jcne
Zeik noch wcit zurückreichen. Vielleichk ift es nichk vergeblich, daß heuke fchon
ein „Außenstehender" an die UniversiLäken die Fragen gerichkek hak:

Was hak die Universikäk gekan, nm die „Verniggerung" der Kunft hinkan-
zuhalken? Was hak sie gekan, der Jugend darüber die Augen zu öffnen, daß
durch Kunstverlokkerung das ganze Volk gefährdek wird? Was hak sie gekan,
daß die heranwachscnde Generakion an Herz, Gemük, Geift und Empfin-
dung nicht vcröde?

2llle diese Fragen werden nichk ruhen, und sie werden noch zu einer Zeik
dringlicher erhoben werden, wo sie nichk ohne Scham von jcnen gehörk
werden sollen, auf deren Takkrafk die deukfche Kunst seik zehn Iahren ver-
geblich warket.

über den Totentanz

Von Gerk Buchheik

^vs ift immer noch ein Wagnis, über dieses Thema vor einer größeren
^-^Hstenklichkeik zu sprechen. Denn dieser seltsame Mykhus, um den die wis-
senfchaftliche Bemühung eines ganzen Iahrhunderks kreift, ift noch immer
voller Rätsel wie ein Traum von einem anderen Dasein, wie eine alke Weis-
sagung, die man nicht mehr verstehk und in der die verblichenen Ängfte und
Erinnerungen des Menfchengefchlechkes auf eine unwiederholbar grokeske
Ark bewahrk sind. Er erwcckk Ahnungen in der Bruft des einzelnen, die der
Gesamkheik angehören. Er erfchükterk, indem er verwirrk. Er fesselk zugleich
und fchreckt ab und fchcink, wie jenes ägypkifche Königsgrab, einen jcden mik
Tod zu bedrohen, der an sein Geheimnis zu rühren wagt.

Daß die eigcnarkige Verbindung von Tanz und Tod, die das Kern-
problem der mikkclalkerlichcn Tokenkänze darstellk, nach besonderer Lluslegung
verlangt, daß ein ganz beftnnmker Anlaß diese ganz neuen und fremdarkigen
Bildgedanken hervorgerufen habcn muß — Borstellungen, wie sie seikher
ganze Generationen von Künftlern nnd Nnchahmern bezauberk habcn —, dies
alles hak die Kunftforfchung und Volkskunde wohl von jeher geahnk, aber
eine zusammenhängende Lösung ift niemals geboken worden. Man begeifterke
sich wohl für die malerifchen und graphifchen Mitkel, in denen das düstere
Thema erfchöpfk wurde, kofteke seine archaifche Einfalk, studierke seine Kom-
posikion und reihke sie gefchichklich und ikonographifch ein in die formale Enk-

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