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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 4 (Januar 1930)
DOI Artikel:
Materialistischer Idealismus: (zum Fall Hugenberg) ; von einem Anhänger der Rechten
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0250

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Xmvsi'vxki? XXXXHI.

Makerlalistischer Idealismus

(Zum Fall Hugenberg)

Von einem 2lnhänger dcr RechLen
Vorbemerkung der Redaktion: Dic Deröffentlichung dieses Aufsatzes
erfolgt nicht in der Absicht, nun auch in unscre Zeitfchrift den Hader und die
ganze Fragwürdigkeit der Tages- und Parteipolitik hineinzutragen. Es versteht sich
von selbft, daß es hier nicht um die Person HugenbergS geht, sondern um ein
Syftem, und zwar vor allem um ein geisliges und kulturpolitifches. Er ift uns als
Dertreter einer Denkrichtung oder eines Fehldenkens wichtig, das der Derfasser alö
Aberglaube an die Allmacht der Technik, der Mittel, alö Dernachlässigung und
Mißachtung geiftig-politifcher Arbeit kenntlich macht. Es handelt sich um daü
Exemplarifche eines deutfchen Schicksals und Derhängnisses. Wir haben uns ab-
sichtlich vom Volksentfcheid unabhängig gemacht und bringen den Aufsatz zu
einem Zeitpunkt, wo das Ergebnis in keinem Sinne mehr zu beeinflussen ift
(was nicht unsere Aufgabe ift). Worauf es ankommt, bleibt von Gelingen oder
Mißlingen wie von der Aktualität dieser Aktion völlig unberührt wie über-
haupt von dem Hin und Her, dem Für und Wider der Parteien und Jnteressen.
Jn diesem Sinne konnte auch nur Zuverlässigkeit und Materialkenntm's deö Der-
fasserö für uns maßgebend sein, sein politifcher Standpunkt und sein Namc tun
nichts zur Sache.

^Xas Volksbegehren zur Bekämpfung des Doungplanes, und zwar ni'chk
c'^-^erft sein 2lusgang, sondern schon seine Grundanlage, haben deutlich vor
der breikcren ÜffenLlichkeiL erwiesen, was vor einem Zahre noch inncrhalb der
RechLen kein GuLgesinnter wahrhaben wollke und was auch von der Linken
nur nu'L unzulänglicheu Beweismittcln behauptet wurde: daß auf der Rechken
gegenwärtig eine falfche Denkrichtung osfiziell führk. Augenblicklich am
sichtbarsten vertreten, abcr nicht allein dargeftellt, durch einen Mann, dessen
große organisatorifche und finanztcchnifche Gaben, hypertrophifch und außer
Vcrhältnis zu dcr Gcsamtpersönlichkeit ausgebildet, die für den Politiker wich-
tigften Eigeufchaften, vor allem die Fähigkeit zur Beurteilung von poli-
tifchen Kräftcn und das psychologifche Fingerspihengefühl, überhaupt den
Sinn für politifche Realität verkümmern ließen.

Vermöge der Machk, die sich in seiuen Händen gesammelt hatte, und vermöge
seiner pcrsönlichcn Entwicklung, die ihn immer mehr untcr den Eiufluß
alldeutfcher Kreise brachte, iß dieser Mann der Exponent einer beftimmten
Denkart, einer ganzen Richtung innerhalb dcr Vorkricgsgeneration, der soge-
nannten „wilhelminifchen" Zeik geworden. Zener Zeit, die so sehr in mate-
rialiftifchcm, „realpolitifchcm" Glauben an die mechanifchen Mittel befangcn
war, daß sogar die Opposiüon gegcn den Zeitgeift nur mechanifch denkcn und
ihr einziges Heil in Jnstitutionen und Maßnahmen suchen konnte. Diese
nachbismarckifchen Epigonen sahen nichts wachscn, allcs glaubtcn sie machen

Januarheft 19Z0 (XXXXIII, ch)

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