Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 3 (Dezemberheft 1929)
DOI Artikel:
Waldeck, Heinrich Suso: Aus: "Die Antlitzgedichte"
DOI Artikel:
André, Hans: Vom Wesen und Gegenwartswert christlich-mittelalterlicher und Goethescher Naturanschauung, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0184

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Magd im Wind
Abends, tvenn der wilde Winterwind
Wie rnit Fahnen an die Bauernfenster schlägt,
Schnee und Ruß vom Dache stäuben
Und den schwarzen Ulmen vor dem Hoftor
2lll die alten Äste ächzen:

Ans dem Flackerschein der Lampe überm Eichtisch
Wei'cht die junge Magd ins Dunkel,

Steht im Hof und hält den Leib ins kalte Wehen.

Denn es dumpft die heiße Stube

Von der bösen Gier der siebcn Männer:

Vater, Söhne, Ahn und Knechte,

Vollgegessen, wintermüßig,

Lauern nach dem schönen Waisenkind.

Schmutzig kleben ihre Blicke

Und wie Flaum an Arm und Hüften,

An den nie geküßten Wangen, scheuen Brüsten.

Bad und Kraft ist Wind und Kälte,

Atem Gottes und der heiligen Jungfrau,

Die zur Nacht von weißen Bergen
Jn die bösen Dörfer spähen.

Jch glaube

Jmmer beschaut sich Gott in mir, dem Spiegel,

Bleibt sein ewigseliges Antlitz mein.

Nie zerfall ich in Scherben, in dunkles Nichts,

Noch verläßt mich das Lächeln des himmlifchen Lichts.

Sein will fcheinen, Schein will ewig Widerschein.

Jmmer behorcht sich Gott in mir, der Tiefe,

Bin ich erfüllt von Wort und Widerhall:

Er will Kunde, der sie selber gibt,

Wie er heimlich lebt und sinnt und liebt.

Horch, sie tönt, mein Lobgesang, hinan das All.

Vom Wesen und Gegenwartswert christlich-mlttelalterlilher
und Goethescher I^aturanslhauung

Von Hans Andre

lst i'n der GegenwarL viel üüer GoeLhes N'aLuranschauung geschrieben
^worden. NtchL nur haben manche Phitosophen ihre naLurphilosophische
BedeuLung neu herauszustellen versuchL, sondern auch fssakurforscher haben si'ch
von den Fragen ihrer FachwissenschafL aus miL ihr befchäfki'gL. So groß der
ErLrag dieser UnLersuchungen in philosophifcher und selbft erfahrungswissen-
fchaftlicher HinsichL auch sein mag, so erfcheinL es uns doch m'chL wertlos,
Goethes NaLurdeuLung auch einmal in einem weikeren Zusammenhang zu
würdigen. Wir möchken sie im folgenden iu Verbindung mik der chriftlich-
im'LLelalLerlichen ITakurauffassung — wenigsiens soweiL sie in einigen SpiHen
des mitLelalLcrlichen Geisicslebens uns enLgegenLrikL — bekrachten. Es dürfte so

158
 
Annotationen