Der Mensch des MonumenLalsiils
Von Wilhclm Michcl
' ^^er Europäer steht seit Iahrhundcrtcn vor den gewaltigen Bildungen dcs
^-^Tempels von Karnak, der Pyramidcn. Die Ausgrabungen des lchtcn
Iahrhunderts haben den Palast von Khorsabad, die Felsenbilder assyrischer
Könige, die „babylonischen" Türme, den Hundertsäulensaal des Zeerres, den
Palast von Susa zutage gcfördcrt. Dazu sind neuerdings die Entdeckungen
von Ricsenbauten und Ricscnstädten in Meriko, in Mittel- und Südamerika
gekommen, sowie die Einblicke in keltisch-druidische und gernianische Vorwelk,
deren steinerne Zeugen ja auch auf deutschcm Boden stehen, behaftet mit ge-
heimen Bezügen, die ins Kosmische deuten. Gemeinsam ist ihnen allen das
einc Merkmal der spezifischen Großform, in der das äußerlich Kolossalische
und das innerlich Gewaltige zusammcntressen, um das hervorzubringen, was
wir das Monumentale nennen.
Es gibt für uns ein Problem des Monumental-Stils, und ich meine das hier
als ein Problem des Verstehens, entspringend aus der unzweideutigen, radi-
kalen Abstands-Empfindung, die den modernen Abendländer vor diescn Zeug-
nissen der Vergangenheit überkommt, und zugleich aus dem übermächtigen Reiz,
den sie auf uns üben. Unsere Frage lauket: Welches ist der psychologische, wel-
ches ist der geistesgeschichtliche Ort, an dem diese Bildungen entstandcn sind?
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Von Wilhclm Michcl
' ^^er Europäer steht seit Iahrhundcrtcn vor den gewaltigen Bildungen dcs
^-^Tempels von Karnak, der Pyramidcn. Die Ausgrabungen des lchtcn
Iahrhunderts haben den Palast von Khorsabad, die Felsenbilder assyrischer
Könige, die „babylonischen" Türme, den Hundertsäulensaal des Zeerres, den
Palast von Susa zutage gcfördcrt. Dazu sind neuerdings die Entdeckungen
von Ricsenbauten und Ricscnstädten in Meriko, in Mittel- und Südamerika
gekommen, sowie die Einblicke in keltisch-druidische und gernianische Vorwelk,
deren steinerne Zeugen ja auch auf deutschcm Boden stehen, behaftet mit ge-
heimen Bezügen, die ins Kosmische deuten. Gemeinsam ist ihnen allen das
einc Merkmal der spezifischen Großform, in der das äußerlich Kolossalische
und das innerlich Gewaltige zusammcntressen, um das hervorzubringen, was
wir das Monumentale nennen.
Es gibt für uns ein Problem des Monumental-Stils, und ich meine das hier
als ein Problem des Verstehens, entspringend aus der unzweideutigen, radi-
kalen Abstands-Empfindung, die den modernen Abendländer vor diescn Zeug-
nissen der Vergangenheit überkommt, und zugleich aus dem übermächtigen Reiz,
den sie auf uns üben. Unsere Frage lauket: Welches ist der psychologische, wel-
ches ist der geistesgeschichtliche Ort, an dem diese Bildungen entstandcn sind?
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