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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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Böhm, Hans: Geschichte, [1]: Weltgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0239

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sehr reichen Bi'ldervorrats saßlicher gemacht. Dem Charakter des Verlages (Herder,
Frelburg) entsprechend wlrd auf die religiöse und kirchliche Seite Gewicht gelegt,
übrigens mit wohltuender Unbesangenheit des Urteils, so daß auch der Nichtkatholik,
der zu dieser Art Darstellungen greisen möchte, aus seine Rechnung kommt.

(Schluß folgk)

Zu unseren Bilderu

^as Schenken edler Gaben ist heute schwieriger als vor dem Krieg. Die meisten
^^von uns verfügen nur über geringe Mittel, und um diese ist leider recht Weniges
zu erstehen, das einem kultioierten Geschmack entspricht. So müssen wir uns auch sür
den Fest- und Weihnachtstisch umstellen, mit Bescheidenem uns bescheiden. Wir
bringen diesmal ein paar Geschenktische, die unter Berücksichtigung der heutigen
Verhältnisse einem gepflegten Kunstgeschmack zu genügen suchen und zugleich zeigen
wollen, wie man dergleichen zu einer wirkungsoollen Gruppe zusammenstellen kann;
durchaus überwiegt die schlichte Form, wie sie sich immer mehr im Hausbau und
HauSrat durchsetzt: zwei Kinder-, zwei Herrentische, ein Teetisch, ein Damentisch. Alle
Gegenstände sind erschwinglich im Preis; so kostet z. B. ein schönes schwedisches
Oreforsglas nur 6 M. Man findet das meiste in den Verkaussstellen der „Deut-
schen Werkstätten" und in besseren Geschäften derart — nur dars man sich nicht die
Mühe des Suchens gereuen lassen. Aber gerade dadurch wird das Schenken per-
sönlicher und intimer, reizvoller auch für den Spender. Wir reden und schreiben viel
vom neuen, kindgemäßen Spielzeug und pflegen eS doch zu wenig, weil wir immer
noch nicht erfaßt haben, daß das Einfachste hier das Beste ist — die kindliche
Phantasie braucht nur wenig Anregung; es genügt das Typische. Geradezu witzig
im künstlerischen Sinn sind die Gänse, köstlich die Schweine, drollig und originell der
Reiter wie die Figuren. Jhre verschiedene Zusammenstellung schafft lustige Situ-
ationen, die den Kleinen verständlich sind und sie zu eignen Gruppierungen anregen.
Die Geschenke für die Erwachsenen sprechen für sich selbst als Gebrauchsgegenstände
für den Rauch- und Schreib- wie Toilettentisch. Jst das eine oder andere vielleicht
weniger nach dem persönlichen Geschmack unserer Leser, so will damit doch die
Richtung angedeutet sein, in der sich die Gegenwartsform entwickelt.

Unser Titelblatt, das zuglcich eine Bildprobe auö der neuen Auflage des „Hausbucheö
deutscher Lyrik" (281.—2go. Tausend, Verlag G.D.W. Callwey) bietet, macht mit einer
der schönsten deutschen Madonnen bekannt, einem berühmten Meisterwerk Dürers,
aus dem Jahre IZ12. Es ist eine Schöpfung im Renaissancegeist; zwischen 7ZI2 und
IZ16 führte der Künstler seine ehemals gotische Form auf das glücklichste in die
Freiheit einer großzügigeren Gestaltungsweise über und schuf in solchem Sinn Ge-
mälde und Kupferstiche; darunter vor allem mehrere bedeutende Mariendarstellungen
— kaum eine aber von der künstlerischen Feinheit und dem menschlichen Liebreiz wie
dieses unser Bild, das die Wiener Staatsgalerie ihr eigen nennt. Weithin strahlt
das himmelblaue Kleid Mariens, von dem sich in lichten Tönen das Tuch abhebt,
auf dcni daö Kindlein liegt. Die Mutter und den Christuöknaben umrahmt dunkel-
stes Schwarz. Darauf leuchtet die gesunde Schönheit der lcicht geröteten Gesichter;
der ede! geformte Hals über dem hellen Brustausschnitt ist etwas schattiger gehalten,
wie das Kindlein. So wird die klare Linienführung durch die Modellierung des
Helldunkels belebter, die fast goldschmiedartige Präzision der Form gemildert. Ein
grauer Schleier legt sich in edlem Gefälte über das kuppelig gewölbte Haupt, darun-
ter kringeln die bräunlichen Flechten in losen Spiralen. DaS Haar des Kindes glänzt
in silberigem Grau. Eine ungemeine innere Süßigkeit liegt über dem Antlitz der
Mutter; trotz ihrer fraulichen Formen noch wie ein Mädchen voll holdseligster
Unberührtheit. Ein fcincs znrückhaltendes Gehaben zeichnet sie aus: mit Liebe und

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