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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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Tierbücher
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Popp, Josef: Kunstliteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0229

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(Zsolnay) aus ein Borwort zn stoßen, daS Galsworthy, dessen Werke bekanntlich
im selben Verlag erschienen, im Stil eines „Waschzettels" abgesaßt hat. Er
bestätigt darin, daß wir hier die „LebenSgeschichte eines Rehes" zu lesen be-
kommen. Aber ach, es ist nur die Geschichte eines Kleinbürgers, dem ein anderer
die Gestalt eines Rehes verliehen hat. Galsworthy verspricht weiter, daß „man hinter
dem Gesprochenen die wirklichen, sinnlichen Gesühle der sprechenden Geschöpse spürt".
Man mache nur den Dersuch! Zum Schluß legt er es gar dem Jäger besonders
ans Herz. Es läßt sich nicht entscheiden, ob diese neuen Einblicke in das Leben der
Rehe und der andern Tiere des Waldes, die den Jäger niehr als jeden andern über-
raschen dürsten, dazu verhelsen sollen, sein Weidwerk zu noch höherer Vollendung
zu treiben, oder ob sie „Jhn", den Grausamen, abhalten sollen, diese bürgerlichen
Jdylle im Wald zu stören. Übrigens hat schon Karl Kraus in seiner „Fackel" dem
Jäger und Versasser eines Hasenromanes, Felir Salten (unter dem Titel „Jüdelnde
Hasen"), eine bemerkenswerte „Glosse" gewidmet; und man ist versucht, zu sagen,
daß ohne die Existenz der Krausschen „Glosse" den Tierbüchern Saltens daS Beste

Gg. Ll.

sehlte.

KunsiliLeratur

Von Jos. Popp

ir fangen wieder an zu reisen. DaS ist ein guteS Zeichen, wenn es in der

'"^"^^rechten Weise geübt wird. Schon der alte Plinius meinte, daß Reisen „den
Menschen menschlich machen und ihm ein gemeinsames Vaterland geben". Was
verdankte der große Dichter, Denker und Mensch Dante seinen Reisen! Reisen
waren typisch für die Renaissance und die Begründer ihrer Kultur. Seitdem ist
es Gemeingut aller wahrhaft Gebildeten geworden. Reisen bewirkt Belehrung und
nachhaltigen Einfluß, aber nur, wenn wir mit ossenen Sinnen reisen, mit Kenntniö und
Kunst, in einem gewissen 8svoir vivre, zwischen Beobachten, Schauen, Sich-Der-
senken und Nuhen wechseln. Unsere heutige Menschheit tritt allzu unvorbereitet an
Menschen und Dinge heran, nimmt sie allzu flüchtig auf und ohne Auswahl. Wir
machen im Winter gern Reisepläne sür den Sommer, aber meisi sind es nur Pläne
des Kursbuches und Geldbeutels. Wie köstlich auch eine zeitlich kurze und örtlich be-
schränkte Fahrt oder Wanderung sein kann, diese Einsicht ist unS über den Schnell-
zügen und Autos gänzlich verloren gegangen. Wir benützen viel zu wenig die reichen
Hilfsmittel der Literatur und Abbildungen, die uns heute gerade in Deutschland sür
Reisen aller Art zur Verfügung stehen. Jch will im vorliegenden aus einiges auf-
merksam machen, das den Kunstfreund im genannten Sinn fördern kann.

Zunächst erinnere ich an die „K u n st st ä t t e n" von Seemann, in denen die euro-
päischen und zumal die deutschen Kunststädte in Wort und Bild aussührlich be-
handelt werden. Für unser Daterland unentbehrlich ist Dehios sünfbändiges „Hand-
buch der deutschen Kunstdenkmäler" (E. Wasmuth, Berlin). AuSgezeichnet und
billig sind die kleinen Bilderbücher bi'Itslis monumentsle von Bonomi-Mailand.
Für vieles ist immer noch bedeutsam HehnS „Jtalien"; insbesondere in seinem
Nachwort: Wer und wie man in Jtalien reisen soll. „S i c i l i a" nennt sich ein
Band von izo Photographien, die Karl Groeber aufgenommcn und nu't einführen-
dem Text versehen (B. Filser). Jn jeder Beziehung meisterhafte Bilder, voll fein-
sinnigen Verständnisses für Landschaft und Kunst. Jch weiß keine schönere Er-
innerung an diese herrliche Jnsel, die in wachsendem Maße das Frühjahrsziel der
Deutschen. Ein begeistertes und begeisterndes Reisebuch über „Frankreich" hat
uns eben C. O. Jatho geschrieben (Gg. Müller). Es widmet sich vor allem der
romanischen und gotischen Kunst des Landes, dessen es auch sonst in seiner Struktur,
Kultur und Mcnschheit gedenkt. AuS allem spricht eine edle und tiese Gesinnung

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