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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1929)
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Kolbenheyer, Erwin Guido: Wo bleiben die Universitäten?
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0100

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XXXXIII.

bleiben die UniversiLäLen?

Von E. G. Kolbenheyer

er alles Leben, auch das der Kunst, unker biologische Gesichtspnnkke

^^-^ordnek, der wird Roheik, Maßlosigkeik und Sensakionslüsternheik, die
heuke das deuksche Kunstleben überdecken und zu ersticken drohen, als die
Reakkionen eines schwer bedrängken Volkes ausfassen. Die Erschükkerungen
des Krieges waren so ungeheuer und in einem verhälknismäßig kurzen Zeik-
raum von vier Iahren so gewalksam eingegreßk, daß die Lösung des Über-
druckes Enkladungen der Spannungszustände bringen mußke. Das volkseigene
Kunstempfinden und Kunstverlangen ist überrannk worden. Daß diese im
Grunde unkünstlerische Lluslebung aller Leidenschafk durch Kunstmikkel mik
einem Schlage ende, wie sie explosiv einsehke, ist nichk anzunehmen. Wcr aber
Wikkerungsvermögen besitzk, weiß heuke schon, daß die SchleuderkrafL an
ihre Wirkungsgrenzen gelangt ist. Es stehk eine Zeik unmikkelbar bevor, und
mag noch manche Erscheinung dagegen sprechen, in der makk wird und ver-
schwindet, was heuke noch sür einzig richkig als neuer Weg und zeikgemäße
Enkwicklung deukscher Kunst ausgerusen wird.

Enkladung ist nichk Wachskum. Wachskum aber ist immanenke Enkwicklung,
an deren Außenseike sich ein Tumulk lange abspielen kann. Unker dem Skurm
treibk der Skamm stekig und regsam.

Das könnke sehr beruhigk klingen, und diejenigen, denen es um deuksche Kunst
zu kmi ist oder zu kun sein sollke, weil Kunst zu den wirksamsten Lcbens-
mächken eines Volkes gehörk, brauchken nur mik unkergeschlagenen Beinen aus
dcm weichen Kissen der Medikakion zu sitzen und ihren Mabel zu bekrachken, da
alles nakurgemäß und gokkbefohlen wieder in Ordnung kommen werde. Allein
so hübsch verläßlich gehk es in der RLakur nichk zu. Die üeakur sorderk, um
die Ausdrucksweise einer Mekapher beizubehalkcn, Bekäkigung ihrer
Lebenskräske, denn Lebenskräfte können zerrükkek, können vernichkek wcrden.
Das ist ein Gesctz biologischer Wirksamkeik. Das Leben hak keinen andern
Sinn, als seinen Bcstand durchzusetzen. Bestand heißk selbstbewahrende Be-
haupkung. Selbstbehauptung aber ist Kamps der einzelnen Lebensmächke und
Überwindung alles dessen, was sich in diesem Kampse zu widersetzen suchk,
bis zu dem Grade, daß der Bestand des einen neben dem Bestande des andern
möglich oder das eine durch das andere ausgekilgk wird.

Sei sür den Augenblick der begründeke Glaube aufgegeben, daß in unserem
Volke, sowohl in der alken Generation als auch in der jnngen, die Liebe zur
arkeigenen Kunst lcbendig geblieben ist und daß Verlangcn nach ihr bestehk;
und sei davon abgesehen, daß eine jahrhunderkealke Kunstenkwicklung aus
dem bildnerischen Berlangen eines gewachsenen und nichk nur zusammenge-

Novembccheft 1929 (XXXXII1, 2) 8l
 
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