DOI Heft:
Heft 4 (Januar 1930)
DOI Artikel:Carossa, Hans: Der alte Taschenspieler: Bruchstück aus einem weltlichen Mysterium
DOI Artikel:Britting, Georg: Das Liebespaar und die Greisin
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0275
Und wunderhübsche Dinge könnt,
Wenn man ench nur den rechten Schwung erteilt, —
Jn euch bin ich. Jhr seid mein sechster Smn!
Doch dürft ihr nicht mit mir vergehen.
Denkt an die liebe kleine Partnerin!
Sie würde ohne euch zu leben nicht verstehen
Und bald verblühn in leerem Waisentume.
D spielt mit ihr, doch macht ihr'ö ja nicht leicht!
Beschützt sie vor der Welt und vor dem Ruhme!
Und während manche schon zum Spiel der Liebe schleicht,
Umwerbt sie noch mit meisterlichen Zwecken
Unschuldiger beglückender Magie!
Laßt sie das Ewige nicht zu früh entdecken,
Das tief im Blute wandert! Führet sie
Gehorsam-streng anf immer freieren Stusen
Jns heilig osfene Leben ein!
Dann lasset sie mit ihrem Los allein!
Kehrt >n den Schwall zurück, auS dem ich euch berufen!
Das Liebespaar und die Greisin
Von Georg Brikting
,er Wind wehte, es war Februar, Schnee siel, es war Abend, es war
^-^schon Nacht, Schnee fiel schon seit Skunden, so war es ein lautloses
Gehen. Es waren ihnen Maskierte begegnet, ein Harlekin; Harlekinhosen,
rokweißgewürfelte, sahen unten aus dem schwarzen, bürgerlichen Mantel her-
vor. Ia, ein Harlekin mik dickweißbcmaltem Gesicht war an ihnen vorbei-
geglitken. Seine schwarzen Brombceraugen hatten sie im Licht der Bogen-
lampe frech, negerifch, fröhlich angeglohk, er war fchon wieder vorbei. Eine
Zigcunerin war anfgctaucht mitten im Schneewirbel, gelbe, große, fchaukelnde
Ringe in den Ohren, hatte ihnen ctwas zugerufen, etwas Zigeuncrifches, und
hatte Karl eine Kußhand zugeworfen, und im Wirbel war sie mit dcm Schnee
um eine Ecke enkfchwunden.
Karl sah Maria an, Maria sah Karl an, beide lachten. Warum auch nicht?
Warum sollten sie nichk lachen? Es war ihnen warm, es war ihnen sogar
heiß, sie gingen 2lrm in 2lrm, sie drückten 2lrm gegen 2lrm; Karl sah Maria
dabei an. Sie errötete, sie tat, als merke sie nichts, als sei es eine ganz zu>-
fällige Berührung. Wie sollte ihnen da nicht heiß sein, wie sollten sie da nicht
glühen, wie sollken sie da nicht brennen?
Wie der Schnee wirbelte! Karl und Maria kannten sich erft seit geftern, es
war wirklich erft seit geftern. Er sah in ihr Gesicht. Er kannte jeden Zng, er
kannte jede Lippenlinie, jede Schwellung, jede Nundung, jede Kurve ihrer
Lippen, die er noch nicht geküßt hatte. Er kannte sie doch erft seit geftern.
Er kannte ihre 2lugen, ihre braunen 2lugen, ihre runden 2lugen, die Nase,
die kleine Mase, nichk zu klein, gerade rechk, unter der nicht hohen Stirn, in
die der Hut, der fchwarze Hnt, wie ein Helm Lief hineinstieg.
Sie bogcn wieder um eine Ecke. Um wie viele Ecken warcn sie heut fchon
gebogen! Überall sah die Welt gleich aus. Überall war die Welt cine Straße,
dunkle Häuser, nur bis zum erften Stock zu erkcnnen im Licht der Bogen-
2^0
Wenn man ench nur den rechten Schwung erteilt, —
Jn euch bin ich. Jhr seid mein sechster Smn!
Doch dürft ihr nicht mit mir vergehen.
Denkt an die liebe kleine Partnerin!
Sie würde ohne euch zu leben nicht verstehen
Und bald verblühn in leerem Waisentume.
D spielt mit ihr, doch macht ihr'ö ja nicht leicht!
Beschützt sie vor der Welt und vor dem Ruhme!
Und während manche schon zum Spiel der Liebe schleicht,
Umwerbt sie noch mit meisterlichen Zwecken
Unschuldiger beglückender Magie!
Laßt sie das Ewige nicht zu früh entdecken,
Das tief im Blute wandert! Führet sie
Gehorsam-streng anf immer freieren Stusen
Jns heilig osfene Leben ein!
Dann lasset sie mit ihrem Los allein!
Kehrt >n den Schwall zurück, auS dem ich euch berufen!
Das Liebespaar und die Greisin
Von Georg Brikting
,er Wind wehte, es war Februar, Schnee siel, es war Abend, es war
^-^schon Nacht, Schnee fiel schon seit Skunden, so war es ein lautloses
Gehen. Es waren ihnen Maskierte begegnet, ein Harlekin; Harlekinhosen,
rokweißgewürfelte, sahen unten aus dem schwarzen, bürgerlichen Mantel her-
vor. Ia, ein Harlekin mik dickweißbcmaltem Gesicht war an ihnen vorbei-
geglitken. Seine schwarzen Brombceraugen hatten sie im Licht der Bogen-
lampe frech, negerifch, fröhlich angeglohk, er war fchon wieder vorbei. Eine
Zigcunerin war anfgctaucht mitten im Schneewirbel, gelbe, große, fchaukelnde
Ringe in den Ohren, hatte ihnen ctwas zugerufen, etwas Zigeuncrifches, und
hatte Karl eine Kußhand zugeworfen, und im Wirbel war sie mit dcm Schnee
um eine Ecke enkfchwunden.
Karl sah Maria an, Maria sah Karl an, beide lachten. Warum auch nicht?
Warum sollten sie nichk lachen? Es war ihnen warm, es war ihnen sogar
heiß, sie gingen 2lrm in 2lrm, sie drückten 2lrm gegen 2lrm; Karl sah Maria
dabei an. Sie errötete, sie tat, als merke sie nichts, als sei es eine ganz zu>-
fällige Berührung. Wie sollte ihnen da nicht heiß sein, wie sollten sie da nicht
glühen, wie sollken sie da nicht brennen?
Wie der Schnee wirbelte! Karl und Maria kannten sich erft seit geftern, es
war wirklich erft seit geftern. Er sah in ihr Gesicht. Er kannte jeden Zng, er
kannte jede Lippenlinie, jede Schwellung, jede Nundung, jede Kurve ihrer
Lippen, die er noch nicht geküßt hatte. Er kannte sie doch erft seit geftern.
Er kannte ihre 2lugen, ihre braunen 2lugen, ihre runden 2lugen, die Nase,
die kleine Mase, nichk zu klein, gerade rechk, unter der nicht hohen Stirn, in
die der Hut, der fchwarze Hnt, wie ein Helm Lief hineinstieg.
Sie bogcn wieder um eine Ecke. Um wie viele Ecken warcn sie heut fchon
gebogen! Überall sah die Welt gleich aus. Überall war die Welt cine Straße,
dunkle Häuser, nur bis zum erften Stock zu erkcnnen im Licht der Bogen-
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