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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 3 (Dezemberheft 1929)
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Tierbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0228

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Bilder entschädigen reichlich dnrch lhre bekannte Qualität. Es ist dem vielbeschäs-
tigten Menschen sc> leicht gemacht, beim Betrachten der Bilder dem Forscher nnd
Mger aus der hetzenden Stadt in die abgeschiedenen Gegenden zu solgen, wo er in
wochen- und monatelangen, geduldigen Mühen die verborgene Natur belauscht.
Nicht zuletzt dankt ihm die beschreibende Naturwissenschast seine Arbeit. Zur be-
sonderen Ausgabe hat es sich A. H. Bernatzik gemacht, mit den Mitteln der
Photographie aussterbende und seltene Vogelarten sür die Wissenschast zu retten.
Einen Teil der Ergebnisse seiner Faltbootsahrtcn in dem urigeu Sumpsgebiet der
rumänischen Balta hat er in dem Band „Ein Vogelparadies an der Donau" (Was-
muth) niedergelegt. Es ist schwer, diese Bilder von hohem künstlerischen und wis-
senschaftlichen Rang zu beschreiben; man muß sie einsach gesehen haben. Viele
sind schlechthin vollendet. Das gleiche Verdienst trägt der großartige Tierfilm Mar-
tin Johnsons aus der asrikanischeu Tierwelt. DaS Textbuch dazu, mit allerhand
Abschweifungen, z. B. wie Johnson seine Frau sindet, und über die Zubereitung
von Straußeneiern, heißt „Simba" unö ist bei BrorkhauS erschienen. — Zu wenig
beachtet ist das Prachtwerk „Wald und Wild", von Paul Vetterli, der das
reiche Bildmaterial (allein ZÜch zum Teil ganzseitige, Photos) gesammclt und mit
begleitendem Text versehen hat; die kostbare Ausstattung ist vom Orell Füßli-
Verlag in Zürich. Die Bilder von Künstlerhand, IZ Kunstdrucktaseln des bekann-
ten Tiermalers Wilh. Kuhnert und zahlreiche Textillustrationen von H. Psendsack
und Franz Raubel sür sich genommen, hätten schon ein stattliches Werk gegeben;
eine Trennung wäre vielleicht auch im Jnteresse der inueren Geschlossenheik
des Anschauungsmaterials gelegcn. Der Text trägt alle Vorzüge einer zünstigen
Naturbeschreibung. Die Liebe des Verfassers zu Wald und Wild ist zwar ost
etwas schwärmerisch gesärbt, der dokumentarische Wcrt des Buches wird bleiben.

Ein echtes Bilderbuch (für jung und alt) hat Adolf Heilbronn im Brehmver-
lag herauSgegeben. Jn der Sammlung „Das Tier im Bild" ist es cine Bilder-
solge „AuS der Kinderstube der Tiere". Schon der hochwertigen Ausstattung wegen
nimmt man es gerne in die Hand. Die leicht durchklingende Freude am schönen
Photobild an sich macht es auch zum Muster für jeden Berufsphotographen. Der
neueste Band der vielverbreiteten „B l a u e n Bücher" ist auch ein Tierbuch.
Er heißt „AuS zoologischen Gärten". Man ist tatsächlich auf diesem Gebiet schon
so verwöhnt, daß einem hier der Charakter des Ausschnittmäßigen unangenchm aus-
sällt, wie man ihn auS dem Kino in sogenannten Großausnahmen mit der peinlich
wirkenden Überbetonnng des Details kennt.

Da gibt es dann noch Verbindungen der dichterischen mit der wissenschaftlichen Dar-
stellung. Zu dem zweifachen Können, daS sie verlangen, muß hier noch ein beson-
derer Takt kommen, der ein solches Werk als geschlossene Form möglich und wert-
voll macht. Karl Ewald (Franckhsche Verlagshandlung) hat das Beispiel ge-
liesert, wie es nicht geht. Die Bayr. Lehrerzeitung hat diese üble Mischung „natur-
wissenschastliche Märchen" genannt. Gerade der unsinnige Widerspruch in dleser
Wortbildung ist geeignet, den Unsinn der Sache zu bezeichnen. Mögen die
wissenschastlichen Tatsachen, aus denen diese Tiergespräche aufgebaut sind und die
der Belehrung dienen sollen, im einzelnen unwidersprochen bleiben, es genügt zum
Märchen noch lange nicht, daß die Tiere darin mit Menschenznngen reden.

Einen glücklicheren Griss hat die Franckhsche Verlagshandlung mit dem billigen (M.
2,80) und hübsch ausgestatteten Auswahlbändchen auS den ergötzlichen Tiernovel-
len E. Thompson SetonS getan. Seiner Erzählerkunst verzeiht man sogar
einige amerikanische Sentimentalitäten. Seine Werke kann man getrost jedem Kna-
ben in die Hand geben.

Auf dem gleichen Niveau wie die „naturwissenschastlichen Märchen" Ewalds stehen
die Tierbücher des Schriststellers Salten. Man ist erstaunt, in seinem Buch „Bambi"

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