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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1929)
DOI Artikel:
Kolbenheyer, Erwin Guido: Wo bleiben die Universitäten?
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0103

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2lber es scheink, als seien die Ilniversikäken nur sür das Schlagwork einer
sporklichen Erküchkigung der Iugend empfänglich gewesen. Das Volkshoer
war verloren, die allgemeine Dienstpslichk aufgegeben, da hakke man das
augenfällige Zeichen und man fand, daß ein Ersatz für die Bildung der
jugendlichen Körperkrafk und für die Gewöhnung der Iugend an körperliche
Skrapazen geschaffen werden müsse. Die Pflege des Sporkes ist an allen
deukschen Universikäken muskergülkig gehoben und für einen Teil der Skuden-
kenschask obligak gemachk. Was aber haben die Universikäken angesichks der
ein Iahrzehnk währenden Verniggerung der Kunst gekan, um der Erschlastung
des Gemükes, der Verödung des Herzens, der Verwüstung des Gefühlslebens
zu steuern, in die der jugendliche Deuksche aus all der Sensakionslikerakur
und Kolporkage, all dem Iazzkaumel der Musik unausweichlich versinkcn
muß? Sind die Kräfke des Gemükes, des Herzens, des geistgehobenen Ge-
fühls dem deukschen Äolke weniger nok, als die Kräfke des krainierken Kör-
pers? N'ichks Haben die Universikäken gekan, um dieser Ark volksgefährdender
Wirkung einer Kunstverlokkerung enkgegenzukreken, nichks, was Aussicht
auf Erfolg versprechen könnke. Das Versäumnis fällk doppelk ins Gewichk,
weil den Ilniversikäken hohe Mikkel an die Hand gegeben siud, dieser kulku-
rellen Pflichk Genüge zu kun. An den IlniversikäLen wirken Männer, deren
geschulker Blick, ordnende Fähigkei'L und Sachkennknisse die Likerakur der
Zeik auf ihren Werk innerhalb der volkseigenen Enkwicklung der Dichkung
einzuschätzen imstande sind, Männer, die nichk nur ihrer ansehnlichen, öffent-
lichen Skellung, sondern vor allem ihrer hohen ideellen Berankworkung wegen
von vornherein befähigk und bemüßigk sind, sich außerhalb und über dem
Markkgeschrei der Likerakur zu halken, Führer, deren Work Enkscheidungcn
bringen kann. Ilnd an den Ilniversikäken ist in der akademischen Iügend zu-
gleich der fruchkbarste Wirkungsboden für jedes Ilnkernehmen zu finden,
das der Berlokkerung der Kunst und der Bolksgesährdung durch verlokkerke
Kunst enkgegcnwirkt. Aus der akademischen Iugend gehen die geistigen Führer
und Führerinnen der Generakion hervor, die im schwersten Kampfe um die
Wiederaufrichkung des deukschen Bolkes stehen wird, und diese Führer
werden alle Kräfke nökig haben, die das Bolk zur Höchstleistung und damik
zur Welkgeltung zurückbringen. Zu diesen Kräfken gehören auch die emo-
tioncllen der Kunst. Kunst ist Lebensmachk. Wie aber soll die akademische
Iugend, auf die in den kurzen Iahren ihres Skudiüms heuke eiue Menge
widerstreikcnder Impulse von starker Wirksamkeit eindringcn, den Blick für
die Kunst gewinncn und dcren volksbiologische Bedeuksamkeik erkennen, wenn
man ihre Augen und Ohren gleichgülkig dem nie ausseHenden, bekäubenden
Markklärm einer verniggerken Afkerkulkur mik deren Kolporkage- und Sen-
sakionsliLeraLur preisgibk?

Es dürske kein Ilniversikätsjahr vergehen, in dem nichk ein Kolleg und ein
Seminar über Likerakur der Gegenwark in ihrem Verhältnisse zur volks-
eigenen Likerakurenkwicklung gelesen wird. Ilnd man würde am Zustrome
der Hörer sehr bald erkennen, wie brennend das Verlangen nach Aufklärung
und Führung geworden ist. Die Ilniversikäken haben sich selbst beraubk, da
sie bisher dieses Lehrgebiek weikhin verabsäumk haben, denn nur wenige Lehr-
gebieke sind ähnlich geeignek, bildnerisch aus den Charakker der Iugend Ein-

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