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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

DOI Heft:
Heft 5 (Februar 1930)
DOI Artikel:
Wehner, Josef Magnus: Wie Unteroffizier Junne starb
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0378

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Es regneLe fork. Der Grund des Trlchtcrs verwandelte sich rn Schleunm.
TLasse Erde bröckelte ab, der Negen schwoll, kleine Rinnsale fädelken in den
2lbgrund. Dic Ränder des Krakers lösten sich auf; jeht, da er dem Sterbcn
den cine Fußangel gestellk hattc, kam der Berg zu ihm herab.

2lm zweiken Tage konnke er die Ränder der umliegenden Hügel sehen, den
Kamm von Fleury, den Bahndamm und cine Ecke von DouaumonL. Er
freuLe sich darüber, daß es nun lichLer um ihn wurde. Er hakLe seinen ncuen
SLahlhelm aufgeseHL und stand da, das GesichL nach Südcn, wo seine Kom-
panie lag. 2a, stand, unLer deu Achselhöhlen dic Kolben zweier Gewehrc,
die er mit den Läufen nach unLen in den Boden gespießL hatLe. So stand er
unbeweglich auf zwei Krücken.

2lls der Schlamm über seine Knie hinaufdrang, sah er plöHlich einen kräf-
Ligen Mann oben am KraLerrande stehen, dem Dienstgrade nach ein Feldwebel.
Der fchrie ihn an, er solle sofort herauskommen und Dienst machen, die Kom-
panie stehe fchou zum Exerzieren angetreten am Südausgauge von Fleury.
Er solle ihn erst herauszieheu, anLworteke Iuiiuc. Rkein, fchrie der Feldwebel,
cr solle die Suppe nun auslösteln, die er sich eiugebrockt habe. An einigen
Fragen erkannte Iunne, daß er einen Irren vor sich habc. Mcl später sah
er noch einmal ein verzerrtes Gesicht über den KraLerraud spähen; es war
eüi Verwundeter aus dem nächsten TrichLer. Er bak Iunnc um eirie Kugel.
„Ich habe mik ihm gckämpft", hcißk es kurz im Tagebuch, „uud dann
meinen Revolver mik der leHLeir Kugel geladen." Bou da an hörke cr wieder
nachts die Rufe der BerwundeLen in den Sümpfen, auch die Token iu
seinem Kraker kamcn gärepd herauf uud machken ihm zu fchaffen. Er be-
fchrieb noch einmal scinen Gang durch die KraLerwüstc und eudeke mik deni
SaHe, er sei glücklich, daß er ekwas für seine deukfchen Brüder gekan habe.
2lls der Schlamm an das fchwarzweiße Band dcs Eisernen Kreuzes quirlke,
rcinigte er es zuerst, dann nahm er cs heraus, legkc es in sein Tagebuch, um
wickelke es mit seinem Brustbcukel, vcrfchnürke es mit dcn Fäden dcr Er-
kennungsmarke und warf es in hohem Bogen aus dem KraLer.

Er haLLe noch gefürchkek, er werde bei dem Wurf den HalL verlieren, aber.
cs müsse nun einrnal fein und besser früher als späker. Ob er sich
selbst den Tod gab, bleibt ungewiß. An einer früheren Skelle des Tage-
buches heißt es nur einmal: „Ich habe den Revolver zwifchcu Krageu nnd
Hals versteckt. Dort ist cr sicher."

Mele Tage später fand ein LeichtverwundeLer das Buch. Er las es an OrL
und Skelle, da es Tag war. Gegen Abend, kurz bevor er zum VerbandplaH
aufbrach, sah er sich nach dem Krater um, in dem der Lapfere Mann zugrunde
gegangen war. Aber deren waren so viele, nnd alle waren jeHL, nach dym
Regen, so still, daß dem Manne granke. Er lief, was er konnte, nach Nvrden,
kam heil durch das Feuer und konnte das Buch auch dem Ojfizicr abliefevn,
für den es bestimmk war. Der strich, als er es zu Ende gelesen, den Namen
des ToLen durch und fchrieb darüber „Iünne". So wurde der Toke namen-
los, doch sein Schicksal stehk für viele.

Bemerkung dec Redaktion: Wic wecden unS mit dem Buche Wehnecs im nüchften Hefl,
das eine größere Acbeit übec ncueste Kriegslitecakuc cnkhält, noch ausführlich bcschäftigrn.

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