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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 43,1.1929-1930

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Heft 6 (März 1930)
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https://doi.org/10.11588/diglit.8887#0445

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Treuherzigkeit gemalt ist, gehl von ihm cin rührender Zug schlichter Menschlichkeit
auS. Man spürt die Liebe des Künstlers zu dicser kleinen Welt und folgt deshalb
gern den Einzelheiten, die alle mit gleicher Sorgsalt gebildet tourden. Ein bemerkens-
werter Sinn sür Tonabsolgen läßt die verschiedenen Grau und Braun wohlig wer-
den und bindet sie mit dem nur angedeuteten Hintergrund zu einer sarbigen Einheit.
Wenn der moderne Sachlichkeitskünstler dergleichen gibt, so geschieht es meist mit
größerer Schärse in der Linie, mit härterer Klarheit in der Farbe, in einem ab-
strakteren Sinn; es erstehen viel mehr naturwissenschaftlich beschriebene als augen-
und gefühlsmäßig erlebte Wirklichkeitsbilder; es wird öie Sache nicht im Sirm des
Wesenhasten und seiner allsei'ti'gen Ausstrahlungcn lebendig; es wird eine Art
Präparat von ihr gegeben — eine trockene und nüchterne Registrierarbeit, die höch-
stens den Intellektuellen interessiert, wie sie selbst mehr dem Jntellekt als dem
Herzen entsprungen. Eine unersreuliche Auswirkung technischer Gebilde und ihrer
Präzision, eines Zeitgeistes, dem gegenüber gerade die Kunst sich auf ihr Wesent-
liches, aus die gefühlsrnäßige Einstellung und Macht zu besinnen hat, statt sich ihm
zu ergeben.

Mehr als durch seine Originalschöpfungen lebt Foltz bei den Fachleuten durch die
Art und Weise sort, wie er die alten Meister durch seine „Foltzerei" brriteren
Kreisen glaubte schmackhaft machen zu müssen. Als Direktor der Münchcner
Pinakothek hat er selbst Meisterwerke allererster Künstler teilweise übermalt oder
sogar Neues in sie hineingemalt, so daß es später jahrelanger Arbeit bedurste, das
alles wieder zu entfernen. Es entstand nur deshalb kein dauernder Schaden, weil
Foltz in Unkenntnis der alten Technik aus den verhärtetcn Firnis malte, wodurch
sich seine Farben wieder entsernen ließen. — Die Alte Pinakothek besitzt Zeugnisse
solcher nachträglichen Verschönerungen auch aus der Renaissancezeit. So hat der
Hosmaler deS Kurfürsten Max die Stifter vom Paumgartner-Altar Dürers mit
Pserden versehen und die Stistergruppen im nnttleren Bild übermalt, weil das
Vorhandene dem neuen Kunstideal zu herb und wenig schön erschien. Wir haben
heute auö unserer historischen Bildung mehr Ehrfurcht vor den Schöpsungen frühe-
rer Zeiten; können wir ihnen nichts abgewinnen, so wollen wir sie doch nicht ver-
stümmeln. Deshalb sind wir auch in allen Restaurationsangelegenheiten empfind-
licher als irgendeine andere Zeit.

Kleinkunst. Wir umgeben uns immer wieder mit allerlei Tand, so sehr wir auch
unsere Groschen zusammenhalten müssen. Und darin licgt sicherlich ein Urbedürf-
nis des Menschen, über das unbedingt Notwendige auch in seiner Umgebung hinaus-
zugehen. Es ist aber nicht immer daö Bedürfnis nach Schmuck, es ist etwas
Tieseres: das Berlangen, auch mit der dinglichen Welt in Beziehung zu tretcn, einen
stillen Verkehr zu pflegen — wie ein trauter Kamerad durch seine bloße An-
wesenheit beruhigt, beglückt, behagliche Stimmung erzeugt. Aus solchem Bedürfnis
regt sich wohl auch immer wieder der Wunsch unserer Leser, dergleichen Dinge, die
nicht allzu teuer, praktisch und angenehm sind, kennen zu lcrnen. Unsere gegen-
wärtige Auswahl will solchem Zweck auss neue dienen. Eö sind durchweg preis-
werte und sogar verhältnismäßig billige Stückc; mit Ausnahme des Tintenzeuges
von Wersin, das aber auch nicht mehr als RTark kostet und schon den Cha-
rakter von etwas ganz Besonderem hat. Hier wird die kubische Form durch die
Sorgfalt der Arbeit und daö schöne, farbige, warm glänzende Material aus ihrer
abstrakten Strenge und Gemessenheit befreit, andererseits ergibt sie durch ihre ge-
wichtige Erscheinung einen repräsentativen Eindruck.

Das Kartosselessen ist nicht nur eine Armeleuteangelegenheit, es hat sogar senie
besondere Behaglichkeit. Ein Erdapsel, den man sich selbst schälen muß, schmeckt
anders, besser als die geschälte Frucht. Auch erzeugen Kartofseln in krästiger
Schüssel eine häuslichere Atmosphäre, als wenn sic aus irgendeine vornehme Weise

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