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Voss, Georg [Hrsg.]; Lehfeldt, Paul [Bearb.]
Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens (Band 1,1): Kreis Meiningen: Amtsgerichtsbezirk Meiningen (die Stadt Meiningen und die Landorte) — Jena, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.19308#0447
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372

Hermannsfeld, Kirche.

Meiningen. 372

Jahren kam das heiinebergische Erbschenkenamt an die freiherrliche Familie
v. Wolzogen, welche es jedoch im Jahre 1771 an den rudolstädtischen Kanzler
Geheimrath v. Kettelhodt verkaufte. Er errichtete im Jahre 1772 eine Stiftung zu
Gunsten der Kirchen von Hermannsfeld und Henneberg in Höhe von 100 Reichs-
thalern unter dem Namen „Gottesbissen".

Die Kirche ist 1758 erneuert, 1782 erweitert worden; die Schule 1765 erbaut.

In der Nähe lag einst eine Ortschaft Roda, jetzt Wüstung; 1317 trugen
die v. Stein die Vogtei daselbst zu Lehen, und die v. Heldritt hatten hier ein
Vorwerk.

Litteratur: Brückner, Landeskunde II, S. 152. — Brückner, Pfarrbuch, S. 169—183.
— S. Güth, See-Diskurs (Mein. Chron. II, S. VII), 1668. — Juncker, Der Hermannsfelder See,
Ehre der gef. Grafsch. Henneb. II, S. 150. — Stein, Geschichte Fraukens I, S. 231. L. H.

Die Kirche. Der älteste Theil ist der Thurm, dessen unterer Haupttheil aus
dem Ende des Mittelalters zu stammen scheint. Dieser untere Theil hat quadra-
tischen Grundriss. Die Ecken sind aus sorgfältig behauenen Quadersteinen gearbeitet.

Ein spitzbogiges Fenster befindet sich an der Südseite und
eins an der Ostseite. Auf den rechteckigen unteren Theil
ist ein achteckiger Obertheil, ebenfalls mit spitzbogigen
Fenstern, aufgesetzt. Dieser Aufsatz dürfte in derselben
Zeit entstanden sein wie die ganz ähnlich construirten
achteckigen Geschosse auf den beiden Thürmen der Stadt-
kirche in Meiningen aus dem Jahre 1594. Die Eckstücke,
welche die Ueberleitung aus dem Viereck in das Acht-
eck vermitteln, sind ganz ähnlich gestaltet. Aus der-
selben Zeit stammt wahrscheinlich auch die welsche Haube,
welche die Thurmspitze bildet. Der Thurm ist in der
Abbildung auf dieser Seite dargestellt.

An die Westseite dieses Thurmes ist der Haupt-
raum der Kirche angebaut. Es ist ein schmuckloser
Bau mit sehr schmalen hohen rechteckigen Fenstern
an der Südseite. Die Formen der Fenster und das ab-
gewalmte Dach deuten etwa auf die Mitte des 18. Jahr-
hunderts. Die Angabe in Brückners Landeskunde, dass
die Kirche 1758 reparirt und 1782 erweitert sei, steht mit
den Formen dieser Fenster wohl im Einklang. Die Er-
weiterung scheint sich auf den westlichsten Theil zu
beziehen. An der Thür der Südfront steht die Jahres-
zahl 1782.

Das Innere. Der Hauptraum ist ein rechteckiger
Saal der mit einem flachen Tonnengewölbe aus Brettern bedeckt ist. Dies Bretter-
gewölbe hat einen Querschnitt von der Form eines flachen Korbbogens. In das
Tonnengewölbe sind schmale Stichkappen eingebaut. Zweigeschossige Emporen
aus Holz von sehr schlichten Formen bedecken die Nord- und Westseite. Die
Orgelempore steht an der Ostseite. Der Grundriss der Kirche ist auf S. 373 dar-
gestellt.

Thurm der Kirche in
Hermannsfeld.
 
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