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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0069

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England und Frankreich nach 1066

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des Jahres 1051/1052 endete jedoch mit einem vollständigen Sieg Godwins
und seiner Söhne, die von Flandern, Wales und Irland aus ihre Rückkehr er-
kämpften. Eduard wurde gezwungen, Edith wieder zu sich zu nehmen und
schließlich Harold, Godwins ältesten Sohn, als Nachfolger anzuerkennen.
Wilhelms Ansprüche schienen damit ausgeschaltet, bis Harold 1064 auf
einer Gesandtschaftsreise in Wilhelms Gefangenschaft geriet und erst freige-
lassen wurde, nachdem er geschworen hatte, die Zusagen, die Eduard 1051
gemacht hatte, anzuerkennen / Dennoch ließ sich Harold nach dem Tod Edu-
ards zum König erheben und forderte so die bewaffnete Entscheidung her-
aus.

1. b. Dynastische Teilung oder adlige Integration?
England und die Normandie nach dem Tod Wilhelms des Eroberers
Als Wilhelm 1066 in der Schlacht bei Hastings seinen Anspruch auf das engli-
sche Königtum gegen Harold durchsetzte, verband er das Herzogtum der
Normandie und die 1063 erworbene Grafschaft Maine mit dem im 10. Jahr-
hundert geeinten angelsächsisch-skandinavischen Königreich England zu ei-
nem Herrschaftskomplex, der an politischem Gewicht und militärisch-
finanziellen Ressourcen das dänisch-norwegisch-englische Reich Knuts des
Großen noch übertraf, jedenfalls aber die auf das Gebiet um Paris und Or-
leans beschränkte Krondomäne der westfränkisch-französischen Könige weit
in den Schatten stellte.
Die Verbindung der beiden bedeutendsten Territorialfürstentümer Nord-
westfrankreichs mit einem außerhalb des westfränkisch-französischen Rei-
ches gelegenen Königtum war jedoch zunächst nicht auf Dauer angelegt. Der
kontinentale und der insulare Teil des Herrschaftsbereichs Wilhelms unter-
schieden sich in Herrschafts- und Rechtstradition so grundlegend voneinan-
der, daß eine bruchlose Integration der Adelsverbände beider Reiche kaum
möglich schien.
Um der angelsächsisch-skandinavischen Oberschicht die Anerkennung
seiner Herrschaft zu erleichtern, stellte sich Wilhelm als König bewußt in die
Tradition seiner englischen Vorgänger. Ungenutzt blieb dagegen die einige
Jahrzehnte zuvor von Dudo von St-Quentin entwickelte Perspektive einer
Ausdehnung des normannischen Herzogtums auf die britischen Inseln. Sie
klingt lediglich in einigen von normannischen Empfängern ausgefertigten

Godwins von Wessex. Wilhelms weitläufige Verwandtschaft zu Eduard - sein Vater war ein
Neffe von Eduards Mutter Emma gewesen - gab ihm keinen besonderen Vorzug gegenüber
seinen Konkurrenten, zumal Emma seit 1043 keinen erkennbaren Einfluß mehr auf ihren
Sohn hatte und wenig später (am 6. März 1052) starb. Zudem bestand die Möglichkeit, daß
Eduard selbst noch einen Sohn haben würde; BATES 1989, S. 59 f. und 62.
33 BATES 1989, S. 60-62; DOUGLAS 1964, S. 175-178; vgl. auch Miles W. CAMPBELL, Hypotheses
sur les causes de l'ambassade de Harold en Normandie, in: Annales de Normandie 27.3
(1977), S. 243-265.
 
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