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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0267

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Akt von St-Clair-sur-Epte

263

Dennoch unterbreitet Hasting den Normannen Rollos den Vorschlag, seinem
Beispiel zu folgen: VMlh's Kzzmü Fnmdac regz coEzz szz&zzfzYfere scruz'h'o z'n-
zzf^zza alz co z^Mzzzzz pJzzn'zzzzz ^n^zczzz capcrc? Empört weisen die Krieger
Rollos dieses Angebot zurück: Niemals würden sie sich unter irgendjemandes
Joch beugen, niemals sich in irgendjemandes Knechtschaft begeben oder
Wohltaten von irgendjemandem entgegennehmen; nur solche Wohltaten ge-
fielen ihnen, die sie mit Waffen und Kampfanstrengungen (arma ef lalwrc prae-
Eorzzifz) erworben hätten^.

6. Die Anekdote vom mißlungenen Fußkuß.
Ein Spottgedicht in der Tradition der nordischen nz'J-Verse?

Der Akt von St-Clair-sur-Epte ist vor diesem Hintergrund weit mehr als ein
einfacher Friedensschluß: Rollo läßt sich in die herrschaftliche Struktur des
westfränkischen Reiches einbinden und setzt damit die Integrität seiner
Männlichkeit aufs Spiel, d.h. zugleich die Grundlage seiner Autorität als
normannischer Anführer. Daß er aus der Position des militärisch Überlegenen
heraus verhandelt und die Bedingungen des Friedens ohne jeglichen Abstrich
diktieren kann, erleichtert ihm die Entscheidung. Ausschlaggebend aber sind
anerkennende Worte von fränkischer Seite, die verdeutlichen, daß Maskuli-
nität domestizierbar ist, ohne im Kern beeinträchtigt zu werden: Sahs exercM-
z'sfz praclza, safz's &zzzonsüasü anrza uzrzlza, safz's, czzz'zzs uzrfafz's cs, dcdarastz, läßt
ihm Herzog Robert von Franzien mitteilen und bringt damit die Wende in
den Verhandlungen. Erst nach diesen Worten, die ihm zeigen, daß er die
Autorität des westfränkischen Königs anerkennen kann, ohne seine Männ-
lichkeit aufzugeben, willigt Rollo in den Akt von St-Clair-sur-Epte einü
Als er dann zum König geleitet wird, ist es nochmals das fränkische Lob
seines Kriegsruhms und seiner männlichen Eigenschaften (pofezüz'a, uz'rtzzs,
coz-zsz'ÜMZTZ, prM&Hfza, !af?or), das seinen Widerstand überwindet: sfaü'm Erarz-
corzzztz cozzcfzzs uerH's, rzzazias srzas mz'szY z'zücr zzzanas rcgz's. Nicht die Zugeständ-

53 Dudo Sancti Quintini, De moribus et actis primorum Normanniae ducum (ed. Lair), S. 154 f.
Zugleich enthält Dudos Text allerdings eine gegenläufige Tendenz. Die These Koziols, Dudo
habe als »exile in a land of pirates« eine »mission civilisatrice« verfolgt, ist zwar überspitzt.
Zutreffend ist jedoch seine Beobachtung, daß er Rollo nach seiner Taufe als einen »idealen
König« stilisiert, der allen fränkischen Anforderungen entspricht und seine karolingischen
Vorbilder sogar übertrifft. In dieser Perspektive ist die Integration Rollos und seiner Nor-
mannen in das westfränkische Reich zugleich ihr Aufstieg vom herrschaftsfreien Naturzu-
stand zur christlichen Kultur, die herrschaftliche Ordnung impliziert; KOZIOL 1992, S. 150-
153.
54 Auch in diesem Abschnitt baut Dudo einer hierarchisch unterordnenden Deutung des nor-
manmsch-westfränkischen Verhältnisses vor: Herzog Robert von Franzien selbst macht sich
(wenngleich nur formal) zum Bittsteller, indem er Rollo durch Gesandte »im Geiste kniefäl-
lig anfleht« ((feprecans /Zexis aaZw; geraTas) und ihm seinen Dienst und seine Freundschaft an-
bietet (Mac en'Zis ZaseparaMZZerpW; aan'cZ ... p:cZeZ^ae ZacessaaZer Zaaa; seruZZZaa;); Dudo Sancti
Quintini, De moribus et actis primorum Normanniae ducum (ed. Lair), S. 167 f.
 
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