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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0088

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Kapitel II

Durch ihre 1128 geschlossene Ehe mit Gottfried von Anjou hatte Mathilde
die Grundlagen für die Erweiterung des anglo-normannischen Herrschafts-
komplexes nach Süden um die Grafschaft Anjou in der folgenden Generation
gelegt. Zwar gelang es ihr nach dem Tod ihres Vaters 1135 nicht, sich in Eng-
land gegen Stephan von Blois durchzusetzen, doch behauptete Gottfried von
Anjou als Herzog die Normandie und sicherte ihrem gemeinsamen Sohn
Heinrich II. so die Machtgrundlage, auf die gestützt er England zurückge-
winnen konnte.

1. f. Heinrich II. und Eleonore von Aquitanien.
Die Erweiterung des anglo-normannischen Herrschaftskomplexes um das
Anjou und Aquitanien
Zu Beginn des Jahres 1148 zog sich Mathilde in die Normandie zurück und
überließ damit die Herrschaft über England faktisch Stephan von Blois. Die-
ser jedoch vergab die Möglichkeit, allgemeine Anerkennung zu gewinnen, da
er sich die Grafen von Essex und Chester zu Feinden machte, indem er sie
trotz zugesagten Schutzes gefangennehmen ließ. Mathilde und Gottfried
nutzten diese Gelegenheit, indem sie ihren inzwischen sechzehnjährigen Sohn
Heinrich als Nachfolger aufbauten: 1149 überquerte Heinrich den Kanal und
ließ sich in Anwesenheit zahlreicher englischer Adliger in Carlisle durch sei-
nen ranghöchsten Verwandten, König David von Schottland, zum Ritter
schlagen. Bei seiner Rückkehr übergab Gottfried von Anjou ihm das Her-
zogtum der Normandie.
Zahlreiche englische Barone wandten sich nun Heinrich zu: Es war offen-
sichtlich, daß Stephan von Blois die Normandie nicht würde zurückgewinnen
können; die nicht wenigen Adligen, die über Besitz auf beiden Seiten des Ka-
nals verfügten, hatten jedoch kein Interesse an einer dauerhaften Trennung
der Normandie und Englands unter zwei miteinander verfeindeten Herr-
schern, die sie gezwungen hätte, sich für eine von beiden Seiten zu entschei-
den und damit einen Teil ihrer Besitzungen aufzugeben.
Heinrich räumte allerdings zunächst der Sicherung und dem Ausbau sei-
ner kontinentalen Besitzungen Priorität ein. Ende August 1151 erkannte
Ludwig VII. schließlich Heinrich als Herzog der Normandie an, indem er in
Paris sein /lomagiMW entgegennahm. Wenige Tage später, am 7. September
1151, starb Gottfried, so daß Heinrich nun auch die Grafschaft Anjou in Besitz
nehmen konnte .
Im folgenden Jahr gelang es ihm, sein Herrschaftsgebiet auf dem Konti-
nent durch eine Ehe mit der Erbtochter Wilhelms X., des letzten Grafen von
Poitou und Herzogs von Aquitanien, nahezu zu verdoppeln. Eleonore von
Aquitanien, deren Erbe den gesamten Südwesten Frankreichs umfaßte, war

93 Wilfrid Lewis WARREN, Henry II, London 1973, S. 32-42; vgl. auch David CROUCH, The
Reign of King Stephen, 1135-1154, Harlow 2000, S. 231-250.
 
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