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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0305

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Gieichrangigkeit in der Unterordnung

301

2. b. Vergessene oder nie geleistete
Das Desinteresse der Chronisten am Eomagtüm der normannischen Herzoge
bis zur Regierungszeit Heinrichs I.
Lot und Lemarignier haben mit großer Sorgfalt die Belege für eine durchge-
hende Lehensabhängigkeit der normannischen Herzoge seit dem Akt von St-
Clair-sur-Epte zusammengestelltC Als Ergebnis ihrer Arbeit kann festgehal-
ten werden, daß die wenigen historiographischen Belege eine durch regelmä-
ßige Leistung des ^omagt'Mtti begründete Lehensbeziehung bis zur Regie-
rungszeit Heinrichs I. zwar nicht ausschließen, aber auch nicht erkennen las-
sen.
Noch am ehesten einer lehenrechtlichen Deutung zugänglich sind zwei
Nachrichten bei Flodoard, der zu 927 und 940 berichtet, Wilhelm Lang-
schwert, der Sohn Rollos, habe sich dem westfränkischen König »übergeben«
(sc commz'sÜ)^. Für Richard I. , Richard II., Richard III. und Robert I. , liegen
dagegen keine expliziten Nachrichten über die Leistung des EotnagtMm vor.
Erkennbar ist lediglich, daß das Verhältnis zwischen König und Herzog auch
im 11. Jahrhundert weiterhin als »Treue« wahrgenommen wurde.
In einer Urkunde für Fecamp nennt Robert II. Richard 1006 seinen Getreu-
en (Jz'&h's ttosük)V Auch in einem in der Briefsammlung Fulberts von Chartres
überlieferten Brief Graf Odos II. von Blois an König Robert II. wird Richard
1023/1024 als/t&üs des kapetingischen Königs bezeichnet. Ein klares Unter-
ordnungsverhältnis impliziert dies jedoch nicht. Im weiteren Text des Briefes
erscheint Richard als neutraler Verhandlungspartner des Königs im Konflikt
mit seinem Grafen: Odo und Robert beauftragten ihn mit der schiedsgerichtli-
chen Entscheidung des Streites, der zwischen ihnen um das Erbe Graf Ste-
phans von Meaux und Troyes entstanden war. Richard aber beschränkte sich
auf eine Vermittlerrolle. Als die Unnachgiebigkeit des Königs erkennbar
wurde, zog er sich auf den Standpunkt zurück, die von Robert erhobene Kla-
ge, Odo sei eines königlichen Lehens unwürdig, könne er nicht allein, son-
dern nur gemeinsam mit seinen patvs entscheiden^.

40 LEMARIGNIER 1945, S. 85-92; LOT 1904, S. 185-201.
41 LEMARIGNIER 1945, S. 86; LOT 1904, S. 184 L
42 RHF 10, S. 587, Nr. 16; vgl. Jean Franqois Lemarignier, Le Gouvernement royal aux premiers
temps capetiens, 987-1108, Paris 1965, S. 50. Zu den Beziehungen Richards II. zu Robert II.
allgemein PFISTER 1885, S. 211-218.
43 Fulbertus Camotensis, Epistolae (OMT; ed. Behrends), Nr. 86, S. 152: Comes Ricardus, tuus
pt'deiis, monad wc oenire ad iusfitiam aut ad concordiam de ^uereiis, ^uas liadedas contra me. Ego
uero misi causam danc totam in manu ipsius. Tum die ex consensu tuo cousfitMif midi piacifum ...,
sed instante termino ... mandaoit midi, ne me^dfigarem ad condictum piacitum ueniendo, tpn'a non
erat tidi cordi aiiam iustipeationem sen concordiam recipere, nisi doc tantnm, Mt Jdceres mide de/ende-
re, <?Mod non essem dignus MÜMm dene/icium tenere de te, nec sidi competere dicedat, Mt me ad täte iu-
dicium exdideret sine conuenfM parium suorum; vgl. BATES 1982, S. 59; BUR 1977, S. 157 1. und
162; Fulbertus Camotensis, Epistolae (OMT; ed. Behrends), S. LXXIX f.; UALPHEN 1908. Ge-
richtliche und schiedsgerichtliche Elemente kommen in dem Verfahren zusammen: Odo legt
das Verfahren in die Hände Richards, dieser beraumt »mit Zustimmung« des Königs einen
Termin an. Auf ein gerichtliches Verfahren dagegen verweist der Begriff piacitum und der
 
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