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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0135

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England und Frankreich nach 1066

131

ihres Königtums und die Erwartungen, die die/t&Ies beider Seiten damit ver-
banden, hatten sich offenbar im ausgehenden 12. Jahrhundert so gewandelt,
daß sie sich nun wechselseitig ausschlossen und eine Fortsetzung der hoch-
mittelalterlichen Herrschaftsverschränkung unmöglich wurde.

1. j. Friedenssicherung durch Waffenstillstände.
Vom Verlust der Normandie zum Frieden von Paris
Der Krieg, der auf das Urteil der CMn'a mgz's gegen Johann Ohneland folgte,
führte zu einer entscheidenden Verschiebung des Kräfteverhältnisses, been-
dete jedoch nicht die Präsenz des englischen Königtums auf dem Festland.
Nachdem er sich durch das Urteil seines Hofgerichts eine Rechtfertigung für
sein weiteres Vorgehen verschafft hatte und auch die von der Sorge um den
Kreuzzug bestimmten Vermittlungsversuche Innozenz' III. ergebnislos ge-
blieben waren, eroberte Philipp II. 1204 die Normandie, das Anjou und den
nördlichen Teil des Poitou (insbesondere Poitiers). In Aquitanien und im üb-
rigen Poitou jedoch konnte sich Johann Ohneland behaupten^'.
Damit wurde zunächst die Loire zur nördlichen Grenze des Herrschafts-
bereichs der englischen Könige auf dem Kontinent. Im Oktober 1206 einigten
sich Philipp II. und Gesandte Johann Ohnelands auf einen Waffenstillstand,
der diesen Zustand zunächst auf zwei Jahre festschrieb. In seiner Urkunde
nannte sich Johann Ohneland zwar weiterhin Herzog der Normandie und
Aquitaniens und Graf von Anjou, erklärte jedoch, jenseits der Loire (d.h. in
der Normandie, in der Bretagne, in Maine, im Anjou und in der Touraine)
kein Land und keine Vasallen oder Parteigänger mehr zu haben' .

226 BRADBURY 1998, S. 145-156; TURNER 1994, S. 115-134; BALDWIN 1986, S. 191-196; WARREN
1961, S. 76-120; CARTELLIERI 1899-1922, Bd. 4, S. 113-249. Auch die Ansprüche, die Alfons
VIII. von Kastilien auf die Gascogne als die seiner Gemahlin Eleonore, einer Tochter Hein-
richs II., zugesagte Mitgift erhob, konnte Johann Ohneland 1206 erfolgreich abwehren: Im
Oktober 1204 hatte Alfons VIII. (unter Berufung auf Schenkungen Heinrichs II. und Richard
Löwenherz' an seine Gemahlin Eleonore, eine Schwester Johann Ohnelands) den Titel »Her-
zog der Gascogne« angenommen und einen großen Teil des Landes besetzt. Am 1. August
1206 gelang es Johann Ohneland jedoch, die Burg Montauban nördlich von Bordeaux zu er-
obern und den kastilischen Seneschall mit zahlreichen Rittern gefangenzunehmen. Alfons
VIII. entband nach dieser Niederlage die Großen der Gascogne von den ihm geleisteten
Treueiden und verfolgte seine Ansprüche nicht mehr ernsthaft, ohne sie jedoch formell auf-
zugeben; BRADBURY 1998, S. 154 f.; CARTELLIERI 1899-1922, Bd. 4, S. 233-237.
227 Rymer, Foedera (ed. Record Commission), Bd. 1.1, S. 95: Joannes de: gratia rex Angd'ae, domi-
nas Hideruiae, dax Normanniae et Azyadaniae, comes Andegaueuszs, omnidas, ad <yaos presentes d't-
terae peruenerint, saiatem. Nouerz'tis ^aod daec est /orma treage inter regem Francoram et nos, a die
Veneris proxima anteJestam sancti Lacae naper praeterdam daratarae aszyae in daos annos proxime
sezyaentes, rided'cet zyaod rex Franciae adedit domines et imprz'sios saos, zyai aperte werranerant nos
pro eo in dac roerra, et nos sdnüder dadedimas domines et dnprisios nostros, zyai aperte praedictam
regem Franciae werraoerant pro nodis in dac toerra, da tarnen zyaod in Normannia, Cenomannia (-
Le Mans), Britannia, Taronia, Andegaria (= Anjou) adra Ligerim (= Loire) ex parte ciritatis An-
degam'ae non remanedit nodis terra, domo uei imprisias per danc treagam; vgl. BALDWIN 1986, S.
195 f.; WARREN 1961, S. 129; CARTELLIERI 1899-1922, Bd. 4, S. 243-249.
 
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