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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0023

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Einleitung

19

Bedeutung ihm situativ im Wechselspiel mit anderen Ritualen und Gesten
zukam.

1. b. Freundschaft und Liebe, Verwandtschaft und Treue.
Alternative oder komplementäre Deutungsmuster?
Neben einem möglichen Bedeutungswandel des ^oma^zMZfz in den Jahren um
1200 ist zu klären, ob die überlieferten Verträge und die zeitgenössischen hi-
storiographischen Texte das Verhältnis der Könige zueinander tatsächlich in
erster Linie als hierarchische Lehensbeziehung beschreiben oder ob sie alter-
nativen Deutungsmustern den Vorzug geben.
Die personalen Bindungen, an denen ein hochmittelalterlicher Adliger sein
Verhalten ausrichtete, lassen sich in den Quellen in drei Erscheinungsformen
fassen: Verwandtschaft, Freundschaft und Mannschaft, d.h. der Beziehung
zwischen /zorno und do?7iz'7iMsh Implizit gehen die meisten modernen Darstel-
lungen davon aus, daß Verwandtschaft und Freundschaft der privaten, Le-
hensbeziehungen dagegen der öffentlich-politischen Sphäre zuzuordnen
sind \ Da sie einen rechtlich definierbaren Status beschreibt, verdrängt die
Lehensbindung vielfach andere Deutungskategorien aus der Wahrnehmung.
Dabei rückt, wenn die Lehenshierarchie als mittelalterliche Entsprechung
staatlicher Ordnung aufgefaßt wird, zumeist die herrschaftliche Unterord-
nung des Vasallen in den Vordergrund". Zwar hat die neuere Forschung aus-
gehend von frühmittelalterlichen Beispielen deutlich herausgearbeitet, daß
consz'ÜMm und consewsMS der Vasallen auch den Flerrn zu binden vermochten".

12 Gerd ALTHOFF, Verwandte, Freunde und Getreue. Zum politischen Stellenwert der Grup-
penbindungen im früheren Mittelalter, Darmstadt 1990.
13 Zur Verwendung des Begriffspaares »public«/»private« (bzw. »prive«) in der englischen
und französischen Forschung und zur Problematik der Aufhebung dieser Unterscheidung in
dem 1933 von Theodor Mayer geprägten Begriff »Personenverbandsstaat« vgl. Peter von
MOOS, Das Öffentliche und das Private im Mittelalter. Für einen kontrollierten Anachronis-
mus, in: Das Öffentliche und Private in der Vormoderne, hg. v. Gert Melville (Norm und
Struktur 10), Köln 1998, S. 3-83, S. 3-19; ALTHOFF 1990, S. 5-9. Mayer verwendete den Begriff
»Personenverbandsstaat« erstmals 1933 in einem Vortrag. Wegweisend für die weitere For-
schung wurden seine Überlegungen, die er 1939 in Aufsatzform veröffentlichte; Theodor
MAYER, Die Ausbildung der Grundlagen des modernen deutschen Staates im hohen Mittel-
alter, in: Historische Zeitschrift 159 (1939), S. 457-487; Theodor MAYER, Geschichtliche
Grundlagen der deutschen Verfassung. Festrede gehalten bei der Reichsgründungsfeier am
18. Januar 1933 (Schriften der Hessischen Hochschulen. Universität Gießen 1933.1), Gießen
1933.
14 Zur Verfestigung dieser Sichtweise hat nicht unwesentlich die Definition von Herrschaft als
»dauerhafte, institutionalisierte Befehl-Gehorsams-Beziehung« beigetragen, die Otto Brun-
ner dem Staatsbegriff der älteren Forschung entgegenstellte; vgl. Verena EPP, Amicitia. Zur
Geschichte personaler, sozialer, politischer und geistlicher Beziehungen im frühen Mittelal-
ter (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 44), Stuttgart 1999, S. 4 (mit forschungs-
geschichtlichem Überblick).
15 Bernd SCHNEIDMÜLLER, Konsensuale Herrschaft. Ein Essay über Formen und Konzepte po-
litischer Ordnung im Mittelalter, in: Reich, Regionen und Europa in Mittelalter und Neuzeit.
Festschrift für Peter Moraw, hg. v. Paul-Joachim Heinig/Sigrid Jahns/Hans-Joachim
 
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