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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0202

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198

Kapitel III

dem Fall die Bedeutung verwandtschaftlich begründeter Kontakte, die auch
in Kriegszeiten die Verbindung zwischen beiden Höfen nicht abreißen ließen.
Die wesentliche Leistung der Eheverbindungen zwischen beiden Höfen
war es jedoch, daß sie eine zweite semantische Ebene in die englisch-
französischen Beziehungen einführten. Wenn die Konflikte der Könige eska-
lierten und sie nach einem das Gesicht wahrenden Ausweg suchten, hatten
sie jederzeit die Möglichkeit, den rechtlichen, auf klare, aber konfrontative
Konfliktlösung ausgerichteten Diskurs zu verlassen und ihre Beziehungen
stattdessen als Verwandtschaft zu definieren, die zu gütlichem Ausgleich und
Vertagung von Konflikten verpflichtete. Den Königinnen kam dabei die Auf-
gabe zu, als Schwester oder Tochter vermittelnd oder interzedierend die Ge-
spräche einzuleiten, wenn die sich im Konflikt gegenüberstehenden Könige
mit Rücksicht auf ihre Ehre nicht von sich aus Verhandlungen beginnen
konnten.

1. b. Der Freundschaftsdiskurs im Umfeld des Vertrages von Paris
Als Jean de Joinville (1224-1317) ein halbes Jahrhundert nach dem Abschluß
des Vertrages von Paris im Alter von mehr als achtzig Jahren daran ging, ein
»Buch über die heiligen Worte und guten Taten« Ludwigs IX. zu verfassen",
stand für ihn fest, welches Motiv das Handeln seines Königs 1259 bestimmt
hatte:

Petra KELLERMANN-HAAF, Frau und Politik im Mittelalter. Untersuchungen zur politischen
Rolle der Frau in den höfischen Romanen des 12., 13. und 14. Jahrhunderts (Göppinger Ar-
beiten zur Germanistik 456), Göppingen 1986; zu Westeuropa: PARSONS 1993; HUNEYCUTT
1993; STAFFORD 1997; POULET 1993; Theresa M. VANN, The Theory and Practice of Medieval
Castilian Queenship, in: Queens, Regents and Potentates, hg. v. Theresa M. Vann (Women of
Power 1), Dallas 1993, S. 125-147; William Clay STALLS, Queenship and the Royal Patrimony
in Twelth-Century Iberia. The Example of Petronilla of Aragon, in: Queens, Regents and
Potentates, hg. v. Theresa M. Vann (Women of Power 1), Dallas 1993, S. 37-47. Eine grund-
sätzliche Deutung des Prozesses aus feministischer Sicht gibt Jo Ann McNAMARA, The 'Her-
renfrage'. The Restructuring of the Gender System, 1050-1150, in: Medieval Masculinities.
Regarding Men in the Middle Ages, hg. v. Cläre A. Lees/Thelma S. Fenster/Jo Ann McNa-
mara (Medieval Cultures 7), Minneapolis 1994, S. 3-29.
50 Joinville verfaßte seine titellose, zumeist Vie & Saiuf Lotus oder Metuotres & /otnothe genannte
Schrift auf Bitten Johannas von Navarra, der Gattin König Philipps IV.; nach ihrem Tod 1305
widmete er sein Werk ihrem Sohn Ludwig X. Zu Leben und Werk Jean de Joinvilles vgl. zu-
sammenfassend Gillette LABORY, Jean de Joinville, in: Hauptwerke der Geschichtsschrei-
bung, hg. v. Volker Reinhardt (Kröners Taschenausgabe 435), Stuttgart 1997, S. 314-317, und
LE GOFF 1996, S. 473-498, ferner den interdisziplinären Sammelband Nelly Andrieux-
Reix/Laurence Harf/Jean Dufoumet (eds.), Le prince et son historien. La vie de Saint Louis
de Joinville (Collection Unichamp 55), Paris 1997, sowie weiterhin Louis CAROLUS-
BARRE/Henri PLATELLE, Le proces de canonisation de Saint Louis (1272-1297). Essai de re-
constitution (Collection de l'Ecole frangaise de Rome 195), Rom 1994, S. 78-87 und 152-158;
Marcus K. BlLLSON, Joinville's 'Histoire de Saint Louis'. Hagiography, History, and Memoir,
in: American Benedictine Review 31 (1980), S. 418-442; Michel ZtNK, La subjectivite litteraire
autour du siede de samt Louis (Ecriture), Paris 1985; Michel ZINK, Joinville ne pleure pas,
mais il reve, in: Poetique 33 (1978), S. 28-45.
 
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