Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0291

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Gleichrangigkeit in der Unterordnung

Die englisch-französischen Beziehungen des
12. Jahrhunderts im Spannungsfeld von
und

»Ungezügelte Überheblichkeit (cjüwn's ela ho) ist mehr als Hochmut (supcrHa),
denn letzterer duldet nur nichts Höheres über sich, erstere aber nichts Glei-
ches neben sich«, schrieb Suger von St-Denis 1140 in seiner Lebensbeschrei-
bung Ludwigs VI., um die Konflikte zwischen seinem König und Heinrich I.
von England zu erklären. »Wie der Dichter (Lukan) sagt: ,Caesar konnte nie-
manden über sich ertragen, Pompeius aber niemanden neben sich'. Und ,da
keine Macht Teilhabe erträgt', überhob sich König Ludwig von Frankreich
aufgrund der Erhabenheit, durch die er den englischen König und Herzog
der Normandie übertraf, diesem gegenüber stets als seinem Lehensmann. Der
König von England aber konnte wegen der Vornehmheit seines Königreiches
und des wunderbaren Überflusses seines Reichtums diese Unterordnung
nicht ertragen. Er suchte daher die Herrschaft des französischen Königs abzu-
schütteln, sein Reich in Aufruhr zu versetzen und dem König Schwierigkeiten
zu bereiten.«*
Aus der Sicht Sugers von St-Denis entstand der Konflikt zwischen dem
englischen und dem französischen König, weil Heinrich I. keinen supcnor
über sich ertragen konnte, Ludwig VI. dagegen keinen par neben sich. Ins Po-
sitive gewendet heißt dies: Heinrich hätte Ludwig als höherrangig anerken-
nen, dieser ihn aber als gleichrangig behandeln sollen.
Wie dies in der Praxis aussehen konnte, zeigt eine gemeinsame Urkunde,
die Philipp I. und Wilhelm der Eroberer im Januar 1079 bei Gerberoi aus-
stellten. Wilhelm hatte die Burg mehrere Wochen lang erfolglos belagert und

1 Sugerus Sancti Dionysii, Vita Ludovici VI Grossi (CHF 11; ed. Waquet), S. 182/184: Nahet
eprerzz's eiatz'o hoc ampE'MS saperhza, Mt cum hec SMperz'orz'tatem, z'Ea nz'chz'iomzwMS dedz'gnetMr parz-
tatewz, CM; zEad conuerzit poetz'cMm; »Nec ^Memz^Mam sz^erre potest Cesarue prz'orezzz / Pozzzpez'Msve pa-
rezzz« (Lukan I, 125 f.). Et zpzoz-zzüzzr »ozzzziz's potestas z'zzzpatz'erzs cozzsortz's erz't« (Lukan I, 93 f.), rex
FrarzcorMm LMdorz'cMS, ea ^aa szzperezzzz'zzehat regt Azzgiorazzz drzcz'zpze NorzzzaazzorMzzz Nezzrz'co saNz-
azztate, in eaza sezrzper tazzzyaam in /eodataza saaza e^erehatar. Rex oero Aagtorazzz et regzzz aohz'E'tate
et dzhz'tz'aram opaieatz'a azz'raMz z'zz)en'orz'tatz's z'zzzpatz'eas Mt ez'as dozaz'az'o derogaret, regaazzz cozzz-
zzzouere, regem tarhare az'tehatar. - Zu Suger von St-Denis vgl. Lindy GRANT, Abbot Suger ot
St.-Denis. Church and State in Early Twelfth Century France (The Medieval World), London
1998; Michel BUR, Suger, abbe de Saint-Denis, regent de France, Paris 1991; BRAUD 1980;
CARTELEIERI 1898; in vieler Hinsicht irreführend dagegen Alexandre HUGUENIN, Suger et la
monarchie franqaise au XHe siede, 1108-1152, Paris 1857.
 
Annotationen