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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0372

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368

Kapitel V

im Falle einer Vertragsverletzung persönlich in Paris zu erscheinen und sich
Philipps Urteil zu unterwerfen (z'psc corpMS proprzzzm Pzzrzsz'zzs zyvz's sz-zfwzdüzU
zzrlzzfn'o)^.
Trotz dieses demonstrativen Unterwerfungsaktes, mit dem Richard an die
Grenzen dessen ging, was er sich als zukünftiger englischer König zumuten
konnte, erteilte ihm Philipp nicht sogleich eine positive Antwort, sondern
demütigte ihn zusätzlich, indem er ihn lange warten ließ, bevor er ihm mit
bitterer Miene (zrzomsc) das Erbetene gewährte.
Daß die Unterwerfung Richards in irgendeiner Weise vorher abgespro-
chen war, läßt die Darstellung bei Gervasius von Canterbury nicht erkennen.
Vielmehr ist davon auszugehen, daß Richard hier ausnahmsweise das Risiko
einging, die Spielregeln politischer Interaktion ohne vorherige Einschaltung
von Vermittlern für sich zu nutzen.
Die Verhandlungen von Chäteauroux zeigen außerdem, welch unter-
schiedliche Wahrnehmungen derselben Wirklichkeit die Vielschichtigkeit ei-
ner symbolischen Kommunikation eröffnete, die Gesten herrschaftlicher Un-
terordnung und freundschaftlicher Gleichrangigkeit miteinander verband.
Gervasius von Canterbury beschließt seinen ausführlichen Bericht über die
Unterwerfung Richards mit dem kurzen Satz, Philipp habe osürz&n&ztz
czzrzcfzs zzzzfzzztz cozzcozüzzzzzz Richard z'zz pzzcc cf yrzztz'% mit in seinen eigenen Herr-
schaftsbereich genommen (scczzztz dzzxz'f z'rz GzzHzzzztz). Roger von Howden dage-
gen erwähnt nur knapp, daß vor dem Besuch Richards in Paris ein Waffen-
stillstand geschlossen wurde, um dann die Freundschaft Richards und Phil-
ipps ausführlich zu schildern.

5. e. Gemeinschaft von Tisch und Bett.
Ein Friedens- und Freundschaftsritual vom Frühmittelalter
bis zur frühen Neuzeit
Die Wortwahl Rogers von Howden impliziert, daß gemeinsames Essen und
gemeinsames Schlafen eine ritualisierte metaphorische Geste war, deren Be-
deutung er bei seinen Lesern als bekannt voraussetzte.
Sicherlich gilt dies für das erste Element: Die wichtige Rolle des gemein-
samen Mahles bei Friedensschlüssen ist in vielen Quellen belegt. Seltener ist
explizit von gemeinsamem Essen aus einer Schüssel die Rede. Es entsprach
jedoch der Tischsitte, daß sich jeweils Platznachbarn ein Gedeck teilten. Als
ostentativer Freundschaftsbeweis erscheint das gemeinsame Essen aus einer
Schüssel etwa bei Johann von Salisbury, der von seinem zum Papst aufgestie-
genen Landsmann Hadrian IV. (1154-1159) durch dieses Zeichen geehrt wur-

249 Gervasius Cantuariensis, Chronica maior (RS 73.1; ed. Stubbs), S. 372 f.
 
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