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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0285

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Akt von St-Clair-sur-Epte

281

8. Rollo als Aeneas und die Franken als Trojaner.
Kontrast und Konvergenz der historiographischen
Deutungsmuster im frühen 11. Jahrhundert

An wen sich die Darstellung Dudos von St-Quentin in erster Linie richtete, ist
umstritten. Daß er zumindest auch an westfränkische Leser dachte, zeigt die
Widmung des Werkes an Erzbischof Adalbero von LaonA Auf welche Re-
zeption konnte Dudos Darstellung bei ihnen rechnen?
Wahrscheinlich erschien ihnen der Akzent, den Dudo in seiner Geschichte
der Normannen auf die Opposition gelegt hatte, überstei-
gert, vielleicht sogar als Relikt ihrer barbarischen Herkunft. Auffallen mußte
ihnen in jedem Fall der Kontrast der Darstellung Rollos zum Bild, das Hel-
gaud von Fleury in seiner Vita Roberts II. (996-1031) von dem zur Entste-
hungszeit der »Gesta primorum Normannorum ducum« regierenden west-
fränkischen Herrscher entwirft: König Robert »war von herausragender Ge-
stalt, sein glattes Haar war wohlfrisiert; die Augen schauten demütig; die Na-
se war breit und groß; sein süßer Mund eignete sich sehr gut, den heiligen
Friedenskuß zu geben; die Schultern waren gerade; die Krone, die er auf dem
Kopf trug, machte deutlich, daß er aus einem alten, ehrwürdigen Geschlecht
stammte; wenn er auf seinem Pferde saß, dann berührten die Zehen fast die
Fußsohlen, was bei seinen Zeitgenossen, wenn sie ihn so sehen konnten, als
ein Wunder empfunden wurde.« Roberts extreme Zehenverkrümmung galt
Helgaud also nicht als entstellender körperlicher Defekt. Als »Wunder« leitet
sie über zur besonderen Nähe des Königs zu Gott: »Das ständige Gebet, das
häufige Beugen der Knie, vielfältige Arbeit und Mühsal machten ihn, der an
der Spitze des Staates stand, zu einem Vorbild«, fährt Helgaud in seiner Be-
schreibung fort'T

zung mit der Kritik an der 1. Aufl. 1983). Eine theologische Rechtfertigung für eine solche
Differenzierung zwischen Wesen und Gebrauch der Zeugungsorgane bot die von Augusti-
nus an das Mittelalter weitergegebene Vorstellung, diese seien vor dem Sündenfall ebenso
wie andere Körperteile der Kontrolle des Willens unterworfen gewesen; STEINBERG 1996, S.
318-322.
104 Dudo Sancti Quintini, De moribus et actis primorum Normanniae ducum (ed. Lair), S. 115-
120 (Widmungsbrief). Zu Adalbero, Bischof von Laon (977-nach 1030), vgl. Lexikon des Mit-
telalters 1 (1979), S. 94; außerdem Otto Gerhard OEXLE, Adalbero von Laon und sein »Car-
men ad Rotbertum regem«, in: Francia 8 (1980), S. 629-638; R. T. COOLIDGE, Adalbero, Bi-
shop of Laon, in: Studies in Medieval and Renaissance History 2 (1965), S. 1-114. Die Motive
für die Widmung des Werkes an Adalbero sind umstritten. Eine überzeugende Erklärung ist
nicht erkennbar; vgl. den Überblick über die Forschungsdiskussion bei CHRISTIANSEN 1998,
s. xxvn-xxix.
105 Helgaldus Floriacensis, Epitoma vitae regis Roberti Pii (SHM 1; ed. Bautier), Kap. 2, S. 58:
Efaz'as z'gz'iar siaiara corporis enzz'nens, caesaries admodam plana ei Zzene dacia, ocnZi banales, nares
porrecie ei paiaie, os saaue ei daice ad dandanz sancie pacis oscaianz, Zzariza saiis Zzonesia, Zzazneri eias
in aZianz porrecii. Corona capz'iz z'znposz'ia decerneZzai eazn auz's ei aiiatn's siirpe processz'sse regz'a. Se-
gens ezyao regz'o, nzz'raZzz'Ze dicia, pene ZangeZzaniar pedazn ziz'gz'ii caicaneo ei Zzoc erai uz'deniz'Zzas in se-
caio pro nziracnio. Erai z'n eo z'agz's ei A^paens ad Deazn oraiz'o, genaanz Aexio innazrzeraZzz'Zis erai pro
cerio ei - at uerZzz's Aareiiz Viciorin; Zopaar (Aurelius Victor, Epitome de Caesaribus, ed. Pichl-
 
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