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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0369

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Gleichrangigkeit in der Unterordnung

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gewesen als Frauenliebe« war den spätantiken Übersetzern durchaus nicht
entgangen, als sie die Septuaginta ins Lateinische übertrugen. In seiner Vul-
gata setzte Hieronymus daher den erklärenden Vers hinzu »Wie eine Mutter
ihren einzigen Sohn liebt, habe ich Dich geliebt« (sz'cid mater MhicMm amat
am, da cyo fg tühgcbaw), offenbar um allfällige homoerotische Konnotationen
auszuschließen'Ü So ihrer Mehrdeutigkeit entkleidet, prägte die Klage Davids
um Jonathan das Bild, das sich das Mittelalter von ihrem Bund als Idealtypus
unverbrüchlicher Freundschaft machte. In dieser Funktion ist der Verweis auf
David und Jonathan fester Bestandteil der mittelalterlichen Vorstellungen von
Freundschaft und Treue im persönlichen wie im politischen Kontext.

5. d. Freundschaftsgesten als Ehrung.
Ostentative Gleichbehandlung nach demonstrativer Unterwerfung
Mehr noch als der biblische Vergleich läßt die Wortwahl Rogers von Howden
Zweifel daran aufkommen, daß er in seiner Darstellung der Freundschaft Ri-
chards und Philipps einen plötzlichen Ausbruch persönlicher Emotionen
schildert. Der französische König habe Richard eine außergewöhnliche Ehre
gewährt, indem er mit ihm aus einer Schüssel aß und in einem Bett schlief,
gibt Roger einleitend als Begründung für das Verhalten beider an.
Einen demonstrativen Akt der Ehrung hatte Richard in der Tat nötig. Dem
Besuch Richards in Paris war nämlich eine längere Auseinandersetzung mit
Philipp vorausgegangen, die wenige Tage zuvor durch eine demütigende
Unterwerfung Richards beendet worden war. 1186 hatte Heinrich II. seinen
Konflikt mit Graf Raimund von Toulouse wieder auf genommen, indem er Ri-
chard große Geldmittel zur Verfügung stellte, damit dieser »seine Feinde«
unterwerfen konnte'^, und seinen Sohn so in die Lage versetzt, mit einem
großen Heer das Quercy und wohl auch weitere tolosanische Gebiete zu er-
obern'^. Daraufhin hatte sich Graf Raimund an Philipp als seinen Herrn um
Schutz gewandt und ihn so in den zunächst regional begrenzten Konflikt hin-
eingezogen. Philipp forderte Heinrich auf, seinen Sohn zu veranlassen, Rai-
mund nicht länger zu behelligen. Heinrich wies diese Forderung zurück und
setzte auf eine weitere Eskalation des Konfliktes.
Keineswegs ist es erforderlich, hier mit Warren anzunehmen, »(that) the
high words and threats exchanged indicate that to Philip it was the dignity of
the French Crown, and to Henry the untouchability of the Angevin domini-
ons which were really at stäke in the rupture of the relations«^ . Warren selbst

244 Norbert PETERS, Beiträge zur Text- und Literarkritik sowie zur Erklärung der Bücher Sa-
muel, Freiburg 1899, S. 183.
245 Rogerus de Hoveden, Gesta Henrici Secundi (RS 49; ed. Stubbs), Bd. 1, S. 345.
246 WARREN1973, S. 614f.
247 WARREN 1973, S. 615; vgl. auch S. 616: »Mediation failed because neither side could afford to
compromise its position: Philip was driven by the exigencies of his stand on the rights of the
 
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