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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0097

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England und Frankreich nach 1066

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Wie weit der Einfluß des französischen Königs und des normannischen
Herzogs reichte, hing wesentlich davon ab, welche Burginhaber sie an sich
binden konnten, und war daher ständiger Veränderung unterworfen. Ein kla-
rer Grenzverlauf ergab sich aus der Gemengelage nicht. Zwar befestigten
Heinrich I., Heinrich II. und Richard Löwenherz mit großem Aufwand strate-
gisch wichtige Grenzburgen, beherrschten das Gebiet damit jedoch nur
punktuell.
Das Vexin blieb eine Zone ständiger Konflikte, die leicht eskalieren konn-
ten, wenn es einem Beteiligten gelang, den französischen König oder den
normannischen Herzog als seinen Herrn in die Auseinandersetzung hinein-
zuziehen. Andererseits schuf die grenzübergreifende Besitz- und Familien-
struktur der Adligen des Vexin aber auch ein kommunikatives Netzwerk, das
die Verbindung zwischen beiden Königen in Konfliktzeiten nicht abreißen
ließ'".
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts spielte das normannische Vexin
eine zentrale Rolle in den Verhandlungen Heinrichs II. und Richards I. mit
Ludwig VII. und Philipp II.: Heinrich II. hatte 1151 als Gegenleistung für sei-
ne Anerkennung als Herzog der Normandie auf das normannische Vexin
verzichtet, sich aber wegen der strategischen Bedeutung des Gebietes in der
Folge um seine Rückgewinnung bemüht.
1158 wurde der Konflikt gelöst, indem Ludwig VII. das Vexin als Mitgift
in die Ehe seiner Tochter Margarete mit Heinrich, dem ältesten Sohn Hein-
richs II., einbrachte. Nach dem kinderlosen Tod Heinrichs hätte das Vexin
1183 eigentlich an den französischen König zurückfallen müssen. Es wurde
jedoch 1186, als Margarete König Bela von Ungarn heiratete, als Mitgift auf
ihre Schwester Adela übertragen, die Richard heiraten sollte.
Da es zu dieser Ehe nicht kam und Richards Ehe mit Berengaria von Na-
varra die Erfüllung des Vertrages von 1186 unmöglich machte, forderte Phil-
ipp II. nach seiner Rückkehr vom Kreuzzug den Seneschall der Normandie
auf, das normannische Vexin herauszugeben. Dieser weigerte sich zwar, dies
ohne ausdrückliche Anordnung Richards nur aufgrund des ihm vorgelegten
Vertrages zu tun, den Philipp mit Richard im März 1191 in Messina geschlos-
sen hatte doch gelang es Philipp 1194 vor der Rückkehr Richards aus der

121 David CROUCH, The Beaumont Twins. The Roots and Branches of Power in the Tweilth
Century (Cambridge Studies in Medievai Life and Thought. 4th Series 1), Cambridge/New
York 1986; Judith A. GREEN, Lords of the Norman Vexin, in: War and Government in the
Middle Ages. Essays in Honour of J. O. Prestwich, hg. v. John Gillingham/James Clarke
Holt, Woodbridge 1984, S. 46-63.
122 Diplomatie Documents (ed. Chaplais), Nr. 5. Das Mißtrauen der Amtsträger Richards, von
dem Rogerus de Hoveden, Gesta Henrici Secundi (RS 49; ed. Stubbs), Bd. 2, S. 236, berichtet,
war nicht unberechtigt, denn der Vertragstext sah keine sofortige Herausgabe des Vexin vor,
sondern lediglich den Rückfall des Gebietes für den Fall, daß Richard ohne legitimen Erben
sterben sollte. Auch von den Grafschaften Aumäle und Eu ist im Vertragstext nicht die Rede.
Das cMrograpfmm conueniionis Jäcfae inier ipsum et regem Angiiae apad Messanam in Siciiia, das
Philipp Roger von Howden zufolge dem senescaicas und den proceres Normanniae vorlegte,
muß demnach ein zugunsten Philipps verfälschter Text gewesen sein.
 
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