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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0330

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326

Kapitel V

Arthurs Konkurrenz war für Johann Ohneland daher durchaus ernstzu-
nehmen und bestimmte auch die zwei (oder möglicherweise drei) fiomagia,
die er Philipp II. leistete. Als Johann von der Gefangennahme seines Bruders
erfuhr, begab er sich im Januar 1193 umgehend nach Paris und leistete dort
Philipp II. das JzomagTMm für den gesamten Festlandsbesitz seines Bruders und
- »wie man sagte« - das Königreich England"^.
Cartellieri und andere haben in diesem ImmagTMm ein Glied in der langen
Kette von Akten lehenrechtlicher Unterordnung gesehen, die Philipp II. seit
seinem Herrschaftsantritt Heinrich II. und seinen Söhnen abforderte. Im Ja-
nuar 1193 jedoch war die Belehnung ein wesentlich größeres Zugeständnis
für Philipp II. als für Johann.
Indem er Johanns JfORMgZMm annahm, band sich Philipp an ihn als einzigen
Erben und Nachfolger Richards in dessen gesamtem Besitz und schloß damit
Arthur von der Bretagne aus. Schwerwiegender noch war, daß sich Philipp
damit von Richard abwandte, den er mehrfach durch Entgegennahme des
/lomagz'Mm als rechtmäßigen Inhaber des anglo-angevinischen Festlandsbesit-
zes anerkannt hatte. Er konnte dies tun, da ihm ein Brief vorlag, demzufolge
Richard im Heiligen Land den Alten vom Berge, das Oberhaupt der muslimi-
schen Assassinen angestiftet hatte, Konrad von Montferrat, den König von
Jerusalem, umbringen zu lassen und auch gegen Philipp selbst Mörder aus-
zusenden
Gänzlich unglaubwürdig war der Vorwurf der Konspiration mit dem is-
lamischen Gegner in den Augen zurückgekehrter Kreuzzugsteilnehmer si-
cherlich nicht. Islamische Quellen belegen die demonstrative Verbindlichkeit
und die entspannte Freundschaftlichkeit der diplomatischen Kontakte wäh-
rend der Friedensverhandlungen Richards mit Saladin, die eine Neuerung in
den christlich-islamischen Beziehungen darstellten

119 Rogerus de Hoveden, Chronica (RS 51; ed. Stubbs), Bd. 3, S. 204 (vgl. auch S. 203 und 207):
Dcz'zidc /ofzannes,//^?* regz's, pro/ecfzis es! czf regem Franclae ef fzomo SMMS ^euenzY & Normazznz'a ef
caeferz's lerrz'sszzz Irazzsmarz'rzz's ef de Anglz'a, uf dz'ce&ahzr; Radullus de Diceto, Ymagines hi-
storiarum (RS 68.1/2; ed. Stubbs), Bd. 2, S. 106; vgl. CARTELLIERI 1899-1922, Bd. 3, S. 32 1.
120 Bernard LEWIS, The Assassins. A Radical Sect ln Islam, London 1967; Marshall G. S.
HODGSON, The Order oi Assassins. The Struggle of the Early Nizari Ismallis Against the Is-
lamic World, Den Haag 1955; vgl. auch Heinz HALM, Die Assassinen 1092 bis 1273, in: Das
Attentat in der Geschichte, hg. v. Alexander Demandt, Köln 1996, S. 61-73; Juliette WOOD,
The Old Man of the Mountain in Medieval Folklore, in: Folklore 99.1 (1988), S. 78-87.
121 CARTELLIERI 1899-1922, Bd. 3, S. 19 und 38; vgl. auch Bradford B. BROUGHTON, The Legends
of King Richard I, Coeur de Lion. A Study of Sources and Variations to the Year 1600 (Stu-
dies in English Literature 25), Den Haag 1966, S. 123-126.
122 GlLLINGHAM 1999, S. 217; Michael A. KÖHLER, Allianzen und Verträge zwischen fränkischen
und islamischen Herrschern im Vorderen Orient. Eine Studie über das zwischenstaatliche
Zusammenleben vom 12. bis ins 13. Jahrhundert (Studien zur Sprache, Geschichte und Kul-
tur des islamischen Orients N.F. 12), Berlin 1991, S. 347-354. Zu dem während dieser Ver-
handlungen von Richard ins Spiel gebrachten Projekt einer Ehe seiner Schwester Johanna
mit Saladins Bruder al-Adil vgl. GlLLINGHAM 1999, S. 184 f.; Rudolf HIESTAND, Zur Ge-
schichte des Königreichs Sizilien im 12. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus ita-
lienischen Archiven und Bibliotheken 73 (1993), S. 52-69, S. 58-69.
 
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