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Eickels, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Vom inszenierten Konsens zum systematisierten Konflikt: die englisch-französischen Beziehungen und ihre Wahrnehmung an der Wende vom Hoch- zum Spätmittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 10: Stuttgart, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.34724#0336

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332

Kapitel V

wie 1194 nicht einfach Arthur von der Bretagne statt Johann als seinen Mann
für den anglo-angevinischen Festlandsbesitz annahm, sondern die Schuld Jo-
hanns zunächst in einem formalisierten gerichtlichen Verfahren feststellen
ließ und sich so der Zustimmung aller Großen seines Reiches versicherte, ist
wahrscheinlich nicht zuletzt auf diese Erfahrung zurückzuführen.
Auch in der Auseinandersetzung zwischen Johann Ohneland und Arthur
von der Bretagne um die Nachfolge Richards auf dem Festland erscheint die
Funktion des fzomagZMW im wesentlichen reduziert auf die Funktion, die An-
erkennung des rechtmäßigen Nachfolgers durch den französischen König
auszudrücken. Durch die Entgegennahme des fictMagzMm Arthurs in Le Mans
entschied sich Philipp 1199 demonstrativ für ihnü Einen weitergehenden
Anspruch scheint sein wenig später erhobener Vorwurf an Johann Ohneland
zu enthalten, er habe »ohne seine Erlaubnis« (sine fz'ccnfza z'fÜMs) die Norman-
die und seine übrigen Länder in Besitz genommen. Roger von Howden fügt
erklärend hinzu: »Er hätte nämlich zunächst zu ihm kommen, ihn über sein
Recht befragen und ihm daraufhin das /romagmm leisten müssen« (zfcfzMcraf
CMwz z'zz pn'zzzz's zzd etwz zzcm'ssc cf czzzn rc/züszssc & z'zzrc szzo cf z'zzdc fzoznzzgzMzn cz'/c-
czsscj'Ü Er verweist damit allerdings kaum auf eine allgemein anerkannte
Rechtsregel, derzufolge vor Inbesitznahme eines Lehens grundsätzlich zu-
nächst das fzowagizwz zu leisten war, sondern auf die ostentative Übergehung
des französischen Königs in einer offenen Situation, in der beide Seiten hätten
versuchen müssen, sein Einverständnis möglichst rasch einzuholen, um die
königliche Ehre zu wahren. Daß die Inbesitznahme des Landes vor Leistung
des fzoz?zagzMZ7z aus der Sicht Philipps nicht grundsätzlich unzulässig war, zeigt
das Beispiel Arthurs, der in der Darstellung Rigords auch zunächst czzzn zzzzznzz
uafzda das Anjou einnahm, dann aber anders als Johann umgehend dem Kö-
nig entgegeneilte, um ihm das 7?o?7Mgz'MZ?z zu leisten.
Daß Johann Philipp nach dem Vertrag von Le Goulet im folgenden Jahr
seinerseits das fzcwagzzzw für den gesamten Festlandsbesitz leistete, war daher
nur konsequent und geradezu notwendig, um nun seine Anerkennung durch
Philipp zu demonstrieren. Eine notwendige Ergänzung bildete das fzoznagizuzz,
das Arthur nun seinerseits Johann für die Bretagne leistete. An diesem hatte
nicht nur Johann, sondern auch Philipp Interesse, denn es drückte Arthurs

telalterliches Geschichtsbewußtsein im Spiegel nichtMstoriographischer Quellen, hg. v.
Hans-Werner Goetz, Berlin 1998, S. 217-235, v.a. S. 224 f.
143 Rogerus de Hoveden, Chronica (RS 51; ed. Stubbs), Bd. 4, S. 94: /zowagZnw snnw reegpit & An-
zfgganZa ei PZcZanZa gZ CcHOHMMnz'a gZ PnronZca gZ Bn'ZannZa gZ NorwannZa; Rigordus, Gesta Philip-
pi Augusti (SHFP; ed. Delaborde), S. 145, betont dagegen aus der Rückschau die Leistung
des homagium und die darin enthaltene Unterwerfung: ArZt/nus ugro, azBznc pngr, ... cnw wa-
nn naZZzfa/Zugs AmfggaugMsiMw Zngrgssns conzZZaZnzn Ant?ggaugnsZM?n cgpZZ gZ apnzf CenomannZs rggZ
Francornzn oeenrrgns /zowZHZMzn JgcZZ gZ omniwotinw/Wg/ZZaZgw cnzn waZrg sna snlz znrawgnZo/nna-
nZZ.
144 Rogerus de Hoveden, Chronica (RS 51; ed. Stubbs), Bd. 4, S. 95. Daß es sich um einen erklä-
renden Zusatz Rogers von Howden handelt, ist klar erkennbar an der Wiederaufnahme des
Erzählzusammenhangs mit den Worten Zn co/Zozpno anfgw ZZZo, mit denen der folgende Satz
beginnt.
 
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