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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0043

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42

B. Polnische Reichsversammlungen

Engagement des Adels war, das letztlich tür das Zustandekommen der Ver-
sammlung ausschlaggebend war (Prochaska), ist kaum eindeutig zu beurtei-
len. An diesem Beispiel lässt sich jedoch erkennen, dass in den Augen der Zeit-
genossen mit der Einberufung der Reichsversammlung auch grundsätzlich die
aktive Gestaltung der Reichsgeschicke beansprucht werden konnte.
11.2. Ladung und Teilnahme
Der Kreis der Teilnehmer und damit das Recht auf Präsenz während der Sejm-
versammlung wurde durch die königlichen Einladungen definiert. Das Fehlen
einer königlichen Einladung konnte - darauf lässt die bereits erwähnte Episode
schließen, die der Chronist Dfugosz aus dem Vorfeld des Sejms von Sieradz
im Jahr 1452 erzählte - einer demonstrativen Exklusion gleichkommen. Die
offenbar bewusst nicht eingeladenen Krakauer Herren und zugleich Kritiker
der königlichen Politik waren in jenem Jahr, als sie ohne Einladung zu den
Beratungen des Kronrats erschienen, von diesen offiziell und dem Bericht des
Chronisten zufolge gar rechtmäßig ausgeschlossen worden. Die Entscheidung
darüber, wer Zutritt zu den Beratungen erhielt, wurde also durch den König
getroffen und über seine Einladungen kommuniziert, denen die Adressaten
dann Folge zu leisten hatten 7° Abwesenheit oder Verzögerungen bedurften
entsprechend einer Begründung und Erläuterung, um nicht als demonstrative
Ablehnung oder gar Verweigerung interpretiert zu werden. Diese Spannbreite
möglicher Deutungen von Absenz zeigt sich beispielhaft in einem Schreiben,
das der Krakauer Wojewode Jan T^czynski im Sommer 1451 an eine Gruppe
von bereits in Piotrköw versammelten Senatoren richtete. Darin entschuldigte
er sein Fernbleiben von der Versammlung mit einer Erkrankung und sah sich
zugleich genötigt, seine Abwesenheit weiter zu erklären. So hatte er auf einer
regionalen Zusammenkunft kürzlich die Meinung vertreten, die Versamm-
lungen der vergangenen Zeit hätten nur verschwenderische und kostspielige
Beschlüsse hervorgebracht. Eine Verärgerung, wie sie wenig später entstanden
sei, als seine kritischen Worte entgegen des geschlossenen Versammlungsrah-
mens nach außen getragen worden sei, wollte er nun verhindern, indem er im
Voraus allen Beschlüssen des Sejms seine Zustimmung erteilte, wissend, dass
diese zum Wohl des Königs und des Gemeinwesens gefasst würden.^
Das Kernanliegen einer allgemeinen Versammlung, die Zustimmung und
Vereinbarung von Entscheidungen, hing, so beschrieb es T^czynski, unzweifel-
haft mit der persönlichen Anwesenheit zusammen. Kamen die Eingeladenen
nicht zur Versammlung zusammen, konnten nur schwer Beschlüsse gefasst

70 Im Unterschied zu Ungarn bestand in Polen jedoch, darauf hat der polnische Historiker Ju-
liusz Bardach verwiesen, keine Verpflichtung zur Teilnahme an den allgemeinen Versamm-
lungen; die Praxis der persönlichen Teilnahme bildete sich gleichwohl aus. BARDACH, O stawa-
niu si§, S. 35
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pro Seron. SMao cf rUpMddcao Mfddafe per u.d. dweM&Mdos ooMscMW sd?nd proMf foMoor persisfam.
Schreiben vom 11. Juni 1451, in: CE 1,2, Nr. 112, S. 119-121, hier S. 121.
 
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