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Münchner kunsttechnische Blätter — 8.1911/​1912

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Nr. 12
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Berger, Ernst: Die Busssche Tempera
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https://doi.org/10.11588/diglit.36590#0049

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München, 4. März 1912.
Beilage zur „Werkstatt der Kunst" (E. A. Seemann, Leipzig).
Erscheint 14tägig unter Leitung von Maler Prof. Ernst Berger.
YHI.Jahrg. Nr. 12.
Inhalt: Die Busssche Tempera. — Welcher Schutz muss unseren Bildern werden?
(Schluss.) — Sind die Pastellfarben gesundheitsschädlich?
Von Ch. Mangold.
Die Busssche Tempera.

Vor 30 Jahren haben nur wenige Künstler
etwas von Temperamalerei gewusst. In München
hatte sich wohl, und zwar gerade ein Lenbach
näher stehender Kreis mit dieser Malart vertrauter
gemacht, und dieser war es auch, der das Auf-
tauchen des Baron Pereiraschen Verfahrens am
freudigsten begrüsste. Aber die „öllose" Tem-
pera hielt nicht, was sie versprach, und die Mehr-
zahl der Enttäuschten kehrte zur altgewohnten
Oelfarbe, vielleicht in verbesserter Form, mit
ihren Harzzusätzen zurück.
Im Gegensatz zur öllosen oder Leimtempera
hatte sich dann die öl- und harzhaltige Emulsions-
tempera Eingang zu schaffen gewusst, weil diese
doch als Mittelding zwischen Leim- und Oelfarbe
die Vorteile beider zu vereinigen berufen schien.
In den letzten Jahren ist die Anhängerschaft
der Tempera kaum grösser geworden, denn für
die moderne Richtung in der Malerei, für impres-
sionistische Wirkungen, für die nur auf den ersten
Anhub zu erzielenden Effekte einer Eindrucks-
malerei oder für die studienmässige Malerei nach
der Natur, wobei der in virtuoser Spacheimanier
aufgesetzte Farbenbrei nur auf Tonwirkung be-
rechnet auf die Leinwand „geschmettert" wird,
für alle diese war die Tempera nicht zu ge-
brauchen.
Auch für nervöse Maler, die kaum begonnen,
schon wieder ändern, und bis zum Schluss herum-
probieren wollen, bald da, bald dort die Stimmung
regulieren und über den Zustand einer Skizze
nicht hinausgehen, ist die Tempera kein Material.
Nur wer auf farbigen Reiz, auf den beabsich-
tigten Wechsel von satten, durchsichtigen, trans-
parenten Tönen mit halbdeckenden lichtgebenden
Potenzen, und auf das Zeichnerische im Bilde
Wert legt, wer noch, ich möchte sagen, so ver-
altete Ansprüche stellt, der wird es begreifen,

dass sich immer noch Maler damit abmühen,
Temperabilder zu malen. Dabei fallt mir unver-
sehens einer unserer Besten, Böcklin, ein, der
gewiss ein Meister der Technik war, und nach
jahrelangem Malen mit Oel- und Firnisfarben
doch wieder zur Tempera zurückgekehrt ist, um
die letzten Lebensjahre dieser ausschliesslich treu
zu bleiben.
Niemand hat wie er es verstanden, aus dieser
Technik alles herauszuschöpfen, was für die
Farbengebung eines Bildes, für die Koloristik
augenfälligen Vorteil bot. Die gesamte Arbeits-
weise des Meisters war darauf aufgebaut: von
der Zeichnung zur wässerigen Untertuschung und
deckfarbigen Tempera überzugehen, möglichst
weit in dieser Art zu vollenden und nur die
Schlusslasur mit Oelfarben anzubringen.
Den jüngeren Schweizer Landsleuten, die auf
Böcklins Grundlagen weiterbauen wollten, wie
Welti, Sandreuter, Würtenberger u. a., mochte
es besonders willkommen sein, dass die auf reiner
Empirie basierten älteren Rezepte durch einen in
chemischen Dingen versierten Fachmann den
neueren wissenschaftlichen Theorien angepasst
würden. Und zu dieser Aufgabe fand sich Dr.
O. Buss bereit. Die von ihm nach vielfachen im
Verein mit einigen jüngeren Malern gemachten
Versuchen hergestellte Tempera ist nicht eine der
möglichen Kombinationen einer Oelemulsions-
tempera, sondern ist auf bestimmte Versuchs-
reihen gegründet, die bezweckten, nach den heute
geltenden, möglichste Haltbarkeit gewährleisten-
den Prinzipien ein Temperamalmittel zu bereiten,
das die längst erprobten Ingredenzien nur in ge-
läuterter Form enthalten sollte.
Die Veröffentlichung eines Teiles des Brief-
wechsels des Herausgebers dieser Blätter mit dem
vor 6 Jahren verstorbenen Dr. Buss hat dazu bei-
 
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