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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Jakob Weinheimer
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0014

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Iakob Weinheimer.

Landschaftsstudie (Stist).

sein, daß auch die malerische Form sich letzten GrundeS auf eine graphische Anschauung ftntzte, daß
nicht die farbigen, sondern die schwarzweißen Gegensätze ihr Lebenöboden waren. Freilich ist es mehr
als ein technischer Unterschied, ob mit dem Pinsel ein malerischeö Spiel der Flächen hingeschriebcn
oder mit ihrer Umgrenzung eine bildliche Lösung versucht wird: das eine ift nicht nur dem Pinsel-
handwerk gemäßer, sondern es entspricht auch mehr dem Problem der Malerei, auf einer (zwei-
dimensionalen) Malfläche die Illusion einer räumlichen Anschauung zu geben. Aber erst durch den
ImpressioniSmuS ist die malerische Form zu einer wirklichen farbigen Darftellung gekommen und hat
in Cezanne die Konsequenz erhalten, räumliches Leben in flächenhafter Umgrenzung siatt nur im
Hintereinander abgestufter Silhouetten darzustellen.

Nur auS einer solchen Klärung der Grundvcrhältnisse ließe sich gegen bildliche Darstellungen
wie die hier abgebildeten der Einwand erheben, den das naive Gesühl merkwürdig leicht bei der
Hand hat, daß sie archaiftisch seien; denn erst dann würde auch die Konsequenz deutlich, die für die
zeichnerische Form durcli Hodler erreicht wurde: In ihrem uatürlichen Verhältniö kann die Linie
nur die Begrenzung einer Fläche, nicht einer räumlichen Erscheinung darstellen; und wenn Hodler
daö Figurenwerk seiner Komposition auf die Illuston einer Flääie stellte, die rechtwinklig zum Blick
des Beschanerö gedacht war, kopierte er damit nicht — wie ihm nachgesagt wurde — die Frühitaliener,
sondern er ftellte auS der Klarheit einer durchauS modernen Anschauung die Grundlage aller Wand-
malerei wieder her: ornamentale Durchbildung der Fläche statt Illusion der Raumtiefe zu gebeu.
Obwohl auch seine Linien aus der rä'umlichen Anschauung kommen, so werden sie durch seine Aus-
wahl doch in ein Nebeneinander gebracht, daö ste als natürliche Begrcnzung der Flächen erscheinen
läßt. Um es draftisch auSzudrücken: er wählt die Flächenlinien und vermeidet die Raumlinien, und
stellt damit ein scharfes Gegenbild zu van Gogh dar, der mit seinem Linienwerk an den Erschei-
nungen vor- und zurücklief, ihrer räumlichen Existenz entsprechend, und dadurch zu der wilden Unruhe
kam, die aus mancheu seiner Bilder spricht, obwohl die farbige Harmonie in ihrer klaren Lösung
einen andern Eindruck erwarten ließe.
 
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