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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 2
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Biermann, Georg: Die neue Synagoge in Essen von Prof. Ed. Koerner
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0067

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Abb. S.

Teilansicht von der Ccke der Alfredistraße.

Vielleicht aber ist das Geheimnis, das diese Tatsache
scheinbar verschließt, garnicht so tiefgründig als man
glauben möchte. Denn das Sachlich-Ernste, das unserer
modernen Architektur bei allem Schönheitsgefühl im Ein-
zelnen innewohnt, aus dem heraus zuerst der Anschluß
an den Geist der Gegenwart entdeckt wurde, ist ein
Erbteil unseres Volkes und des Gennanen schlechthin,
dessen ganze künstlerische Vergangenhcit wohl mit keinem
Kunstzweige so eng verwachsen ist, wie eben mit der
Baukunst. Trotzdem aber und trotz all der schönen
Dokumente, die heute von dem starken architektonischen
Gefühl unserer Aeit künden, harrt auch in der Moderne
noch immer ein Gebiet der Erfüllung, der Kirchenbau.
Wir wollen zugeben, daß nirgends so köstliche Land-
häuser gebaut werden (selbst England nicht ausgenommen)
wie bei uns, daß Meister vom Schlage der Messel,

Behrens u. a. auch dem prosaischen Nutzbau, dem Waren-
haus und Jndustriepalast eine dem Iweck gemäße, neue
und aus dem Aeitgefühl geschaffene monumentale Form
zu geben wußten, man wird aber trotzdem eingestehen
müssen, daß dem modernen Kirchenbau bisher fast
nirgends (einzelne Ausnahmen können die Regel nur
bekräftigen)Fme Erneuerung beschieden wurde, die auch
auf diesem Gebiete dem Verlangen unserer Gegenwart
bisher Rechnung getragen hätte. Daran mögen schwer-
wiegende Momente die Schuld tragen; denn die Kirche
ist die verkörperte Tradition nicht nur im Geistigen. Wo
immer sie die Aahl ihrer Seelen wachsen sah und das
Bedürfnis nach neuen Gotteshäusern empfand, imitierte
sie die überlieferten Stilsormen mit jener Jnkonse-
quenz, die nicht minder auf so manchem profanen Gebiet
das selbstschöpferische Recht unserer Ieit vermissen läßt.

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