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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Rheinische Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0105

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Abb. 4.

I. B. Scholl: Landgraf Georg I- Abb. 5. I. B. Scholl: Landgraf Philipp der Großmütige.
(Jrn Herrengarten zu Darmstadt.)

mit dem Kmfürsten „Jan Wellm" vergleicht, wird dem
Herrn in der Perücke den Vorzug geben müssen.

Nicht ohne Grund ist somit das Bewegungsmotiv
des rechten Armes mit deni Marschallstab auch von
Tuaillon für seinen Kaiser Wilhelm (Abb. 2) benutzt
worden; die stärkere Betonung dieses Bewegungs-
motivs gibt der Anschauung eine bestimmte Bindung,
die — wenn man so sagen will — den Blick von den
Beinen des Reiters ablenkt: und tatsächlich verdankt
der Kaiser Tuaillons seiner starken Armbewegung zu
einem guten Teil die ausgezeichnete Haltung, die man
der Gruppe zusprechen muß. Prüft man aber von hier
aus den Kurfürsten GrupelloS, so erlebt man die Über-
raschung, daß bei ihm der gehobene Arm den Blick
erst recht auf die Beine hinlenkt, daß er gewissermaßen
in einer beachtungswerten Kühnheit das Motiv der in
die Steigbügel gestellten Beine stark unterstreichH sodaß
man dadurch erst recht sieht, wie der Mann auf das
Roß gesetzt ist.

Eine vergleichende Betrachtung wie diese wird un-
willkürlich an den Colleoni von Verrocchio denken
müssen, wie er von seinem Postament in Venedig
geradeswegs in die Luft zu reiten scheint; wie er sich
in den Steigbügeln hebt und die gepanzerten Füße
wie Krallen einsetzt, dagegen scheint dieser Kürfürst auf
den ersten Eindruck unbeholfen und naiv seinem Gaul

aufzusitzen: bis die Nachprüfung ergibt, daß auch bei
dcm Colleoni der Kunstgriff einer starken Bewegung
den Blick ablenkt, wobei er durch das phantastische
Sattelzeug aufs klügste unterstützt wird. Und nun er-
kennt man die außerordentliche Weisheit Donatellos,
der mit seinem Gattemalatta bis heute das unerreichte
Vorbild aller modernen Reiterdenkmaler geblieben ist.
Er hat statt der trotzigen Auflehnung den ruhigen
Schritt gewählt, sich auch durch kein übertriebenes
Sattelzeug die Schwierigkeit erleichtert, und ist doch
der Lösung des Reiterdenkmals näher gekommen als
jcder nach ihm: Durch ein recht einfaches Mittel, indem
er durch den übermäßig entwickelten Sporn den Fuß
für die Anschauung zurücktrieb, das Auge mag wollen
oder nicht, es sieht zunächst und unveränderlich diesen
Sporn, der durch seine wagerechte Stellung parallel
zur Bauchlinie des Pferdes geht. Vollends, wenn
sich die linke Ansicht bietet, gibt es gar keine Mög-
lichkeit, hinter diese Bewegung zu sehen durch das
klare Dreieck, das durch diese Wagerechte mit dem langen
Schwert und dem Stab geschaffen wird und die Anschau-
ung zwingend bestimmt.

Auch von hier aus wirkt der Kurfürst zunachst drollig
und unbeholfen, um sich trotzdem recht selbstverständlich
auf seinem Gaul zu behaupten. Natürlich tut auch bei
ihm der raffiniert angepaßte Sattel sehr viel; aber


 
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