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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 4
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Schmidt, Paul Ferdinand: Der Zeichner Wilhelm Kalb
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0129

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Wilhelm Kalb.

Genossen.

Der Zeichner Wilhelm Kalb.

gibt Künstler, die ihre ganze Kraft nur im Monumentalwerk auSgeben kö'nnen, und andere,
die in der Skizze vor der Natur ihr BefteS leisten; so kann man etwa Feuerbach, den

Meister deö Monumentalen, und Constablc einander gegenüberstellen; Constable, dem um-
gekehrt die Frische und Herrlichkeit seiner kleinen rasch gemalten Skizzen in den „auSgesührten"
repräsentablen Staffeleibildern verloren ging. Der JmpresstoniSmuS — und Constable ist einer
seiner Väter — hat dann die Skizze völlig zu Ehren gebracht und den gewichtigen „Schinken" in
die Staatörumpelkammer verwiesen; und nicht sein geringstes Verdienft ist es, daß er die persönliche
Handschrift auch in der bloßen Zeichnung und im graphischen Blatt schätzen lehrte. Wenn heute,
da der ImpressioniSmuS anscheinend einem neuen Tage zu weichen beginnt, die Graphik Deutsch-
landö im weitesten Sinne als der Kunstzweig zu nennen ist, der das Beiwort „blühend" verdient,
so hat der ImpresstoniSmuS zweifelloö den Keim zu solcher Blüte gelegt. Nicht nur dadurch, daß
er auf dic unmittelbare und lebendige Wiedergabe von Gesehenem und Erlebtem den größten
Wert legte, sondern auch durch sein kunstpolitisches Eintreten für Skizze und Zeichnung: er hat

das Vorurteil zerftören helfen, alö sei der bloße Zeichner ein geringerer Künftler als der Maler
in öl oder Tempera. Man kann daran erinnern, daß „Iugend" und vor allem „Simplizissimus",
die mit System und periodisch dic Künstlerzeichnung pflegen, zur Zeit des impressioniftischen Auf-
schwungS entftanden sind und so bahnbrechend gewirkt haben (zu ihrer Zeit), daß ihre Namen geradezu
zum Feldgeschrei für alles Jugendfrische und Revolutionäre in der Kunft wurden.

Solch ein Vorurteil, das vielleicht doch noch in manchen Kreisen gegenübcr der Zeichnung be-
stehen mag, mußte in der Tat erst zerstört werden, bevor man von einem Künstler wie Wilhelm

Kalb sagen durfte: sein EigensteS und Beftes bergen die Kohle- und Farbstiftzeichnungen. In

früheren Iahrzehntcn hätte man diese flüchtig hingeworfcnen Eindrücke zweifellos als Vorstufen zu
Gemälden betrachtet und ungeduldig nach den Resultaten in Gestalt von Bildern gefragt. Heut
kann man es aussprechen, daß die Gemälde von Kalb oft eine tiese Innigkeit und Bewegung atmen,

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