Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

DOI Heft:
Heft 6
DOI Artikel:
Schmidt, Paul Ferdinand: Die dritte Ausstellung der Künstlerkolonie in Darmstadt 1914
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0234

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die dritte Ausstellung der Künstlerkolonie in Darmstadt 1914.

Man kann sich das Prinzip wohl noch straffer und klang-
voller in Form übersetzt denken, aber auch in der Müller-
schen Synthese überzeugt es und gibt allen denen, welchen
die Aukunft unserer Städte am Herzen liegt, das tröstliche
Beispiel, daß es mit der strengen Unterordnung der
Einzelhäuser unter einen Massengedanken tatsächlich geht.

Albin Müller hat auch im Grundriß des Jnnern
mehrfach einige fruchtbare Gedanken aus dem Raum-
komfort des Einfamilienhauses auf die vornehme Miet-
wohnung übertragen; so die Betonung des Korridors bis
zur wohnhaften Diele, die Abtrennung der Küchen-
region von dem Wohnbereich, breite und helle Stiegen-
häuser. Der verzwickte Grundriß des gesamten Terrains
ist im übrigen glücklich aufgeteilt und der erübrigte Platz
in Gestalt von allen Bewohnern zugänglichen, streng
eingeteilten Vor- und Hintergärten verwendet. Die
Vorgärten sind mit Hecken, Rasen, Gittern und Docken-
mauern so niedrig gehalten, daß sie als räumliche Er-
weiterung der Straße gelten können; gelten mußten,
weil ja der gegenüberliegende Ausstellungsbau auf
seinen gewaltigen abgeböschten Terrassen ein Aurück-
schieben der Hausfronten erwünscht machte. Rückwärts
beherrscht vor allem ein quadratischer Terrassengarten
das von Flü-
geln umschlos-
sene Terrain,
an der Stelle,
wo das dem
Großherzog
selber gehörige
Ernst-Ludwig-
Haus einen
Atelierbaunach
rückwärts ent-
sendet. Die
Ateliers dieses
Flügels sind
von einergroß-
artigen Weit-
räumigkeit, ih-
re Südseite je-
weils in zwei
niedrige Ge-
schosse geteilt,
so daß hier
auchWohnräu-
me eingerichtet
werden kön-
nen. Das un-
terste ist ein
sehr praktisches
Bildhauerate-
lier, in dem
Hoetger eine
Sonderaus-
stellung zeigt;
und auch die
übrigen dienen
Atelierausstel-
lungen für die
Mitglieder der Wb. 6.

Kolonie: Körner und Albin Müller bringen Architek-
turzeichnungen und Modelle, Margold Kunstgewerbe
aller Art und Packungen für die Bahlensensche Keksfabrik
in Hannover, Fr. W. Kleukens Buchkunst aller Art
und Entwürse zu Mosaiken. Die Bücher der Ernst-
Ludwig-Presse, sein und seines Bruders Christian
Heinrich wesentlichstes Werk, sind noch besonders in
einem Raum des Städtischen Ausstellungsgebäudes
untergebracht und legen Ieugnis ab von dem hohen
Stande unserer Bücherkultur und dem Können dieser
Privatdruckerei des Großherzogs im besonderen. Jm
Hochzeitsturme findet man schließlich noch die Gold-
schmiedearbeiten von Ernst Riegel und Theodor
Wende, interessant durch den Gegensatz, den zwei so
treffliche Kenner des Materials in geistreicher Bear-
beitung des Silbers darstellen; Riegel elegant und
kalligraphisch, ganz Hauch und Ierbrechlichkeit — Wende
in massivem Barock der Schwellungen, nnt festen Flächen
und äußerst bewegtem Ornament.

Einige kleine Bauten von Albin Müller finden
sich noch im Park verstreut: das keramische Tempelchen,
das Sommerhaus von Holz, das zusammengeschraubt
und erbaut werden kann in fünf Tagen und dessen

Material in ei-
nem Waggon
Platz hat, und
das Badezim-
mer für den
Großherzog
aus Vercko an-
tieo. So man-
nigfach die
Aufgaben der
Raumkunst
sind, so ver-
schieden ist der
Geist, in dem
sie gelöst sind,
trotz der gerin-
gen Aahl der
Künstler auf
der Mathilden-
höhe. Das
Werk aber, das
am tiefsten
greift und am
gewaltigsten
den Rhythmus
unserer Aeit
verkörpert, ist
der Platanen-
hain mit den
Skulpturen
von Hoetger.
Er ist der

wahre ruhende
Pol in der

Erscheinungen
Flucht.

Paul

H. Jobst: Brunnen. F. Schmidt.


214
 
Annotationen