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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 8/9
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Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Werkbund-Ausstellung in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0317

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Abb, 49,

zeigen die meisten Räume, daß es garnicht so leicht ist,
ein Iimmer zu schmücken, ohne daß seine Wohnlichkeit
leidet; die meisten sind eine Art „gute Stube", ein Schau-
stück, in dem die etwaigen Bewohner höchst störend
wirken müßten. Sachlich und den persönlichen Anforde-
rungen entsprechend erscheinen mir die Bibliothek von
Alere Altenkirch und ein Iimmer von Frau Annemarie
Moldenhauer mit sehr schönen Glasbildern von Anne
Koken. Diese Bibliothek, die mit reichsten Mitteln einen
mir zwar etwas zu niederländisch prächtigen, aber den
Neigungen einer vornehmen Sammlerin entsprechenden
Raum von schönen Maßen darstellt, und auch das
Iimmer von Frau Moldenhauer (Abb. 53) scheinen nur
noch auf ihre Bewohner zu warten.

Außer den Wohnungseinrichtungen sind im Hause
der Frau noch eine Anzahl Säle, in denen die Gewerbe-
und Jndustrieschulen, die Plakatzeichnerinnen, die Photo-
graphinnen,sogar einer, in dem dieMalerinnen ausstellen.
Dieser letzte ist ein wenig überraschend, er läßt leider
zu sehr merken, daß oft nur die Augehörigkeit zum
weiblichen Geschlecht über die Iulassung entschieden hat,
was dann so guten Bildern wie dem Mädchenporträt
von Jda Gerhardi eine etwas klägliche Nachbarschaft
einbrachte. Sonst aber zeigen die Photographinnen z. B.
leider zu wenig von den schönen Erfolgen und Fort-
schritten, die gerade die Frauen auf diesem Gebiet er-
reicht haben; hier liegt wohl der Fehler in der Anordnung,
die wie auch bei den Jndustrieschulen zu viel Wert auf
die schöne Schaustellung und auf die gefälligen Schau-
stücke legte, wo eine strengere Auswahl eine besfere
Ubersicht gegeben hatte.

Awei Glaskästen muß ich noch besonders erwähnen:
die mit den Puppen von Lotte Pritzel und Charl. Bock
von Wülfmahl (Abb. 50). Streng genommen nicht
ins Gebiet der Werkbund-Ausstellung gehörend, stellen
sie ein so spezifisch weibliches Arbeitsgebiet dar, daß es
verwunderlich ist, nicht noch viele Frauen da zu finden.
Während die kleinen gespenstischen Schemen der Lotte
Pritzel für immer in den Glaskasten gebannt sind, wo
sie wie kleine Teufel oder böse Geister gehalten werden,
sind die Puppen der Charl. Bock von Wülfmahl echte
Nachkommen der alten Kasperlefiguren. Mit ihren

Haus der Frau (Arch,: Frau Knüppelholz-Roeser, Berlin).

dummdreisten oder boshaften, grimmigen oder hold-
lachelnden Köpfen auf den unwahrscheinlich langen
Taillen mit noch unwahrscheinlicheren langen Armen und
Beinen, die aber ein herrliches Gebärdenspiel gestatten,
werden sie beredt, wenn man sie nur ansieht. Lustig
oder dämonisch ist man gleich bereit, ihnen die Helden-
oder Untaten zu glauben, die sie einem kleinen Publikum
vorführen werden.

Diese Puppen, die Webereien v. Wanda Bibrowicz
und einmal in einem Glaskasten ejne Garnitur Leib-
wäsche, die von so vornehmer einfacher Sachlicbkeit
ist, daß sie auf alle Spitzen und Aierate nach franzö-
sischem Muster verzichtet, nur schlichte Säume wie ein
Taschentuch zeigt (sie war bezeichnenderweise von Herrn
Poiret angekauft), scheinen mir zu den wenigen Stücken
zu gehören, die aus dem Arbeitsgebiet de: Frau stam-
mend einem neuen Handwerk zugerechnet werden kön-
nen, das deutsche Qualität und auf den Aweck gerichtete
Haltung beansprucht.

DaS koloniale Gehöft.

Es steht etwas abseits, aber ich glaube, daß trotzdem
viele mit dem gleichen Jnteresse in die entlegene Ecke
zwischen Haupthalle und dem Teehaus gegangen sind,
wo dieses koloniale Gehöft, fast als sollte seine Be-
stimmung damit illustriert werden, in einer wenig ge-
pflegten Umgebung liegt. Man hosfte vielleicht inter-
essante Bauformen, die sich aus den klimatischen Ver-
hältnissen ergeben, neuartiges Material und unseren
Lebensgewohnheiten fremde Einrichtungen zu finden.
Doch der Erbauer Architekt Pott aus Köln, unseren
Lesern als Baumeister einiger schöner Landsitze schon
bekannt, zeigt nur eine reine Aweckform, die mit
ungelernten Kräften in jedem Material aufzuführen
ist. Auch das Jnnere weist außer dem geschickten
Grundriß keinerlei Uberraschungen auf; technische Vor-
züge wie das unterbrochene Dach, das eine isolierende
Luftschicht zwischen Hausdach und Iimmerdecke er-
möglicht, und die reichlich bemessenen, zimmerartig
ausgebildeten Veranden fallen nicht gleich ins Auge.
Eher schon, daß dies Haus auf Betonpfeilern steht, was
sür sumpfige Gegenden vorgesehen ist. Die Möbel,


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