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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Editor]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 11
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Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Botschaft in Petersburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0382

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Äbb 22.

Bewachung zurückgebliebenen alten Beamten, der sich
zu spät geflüchtet hatte, und begann schwere Werk-
zeuge gegen die großen Dachfiguren in Tatigkeit zu
setzen. Einer der kupfernen Schildträger ward vom
Dach hinabgeworfen, die Menge schleppte ihn über
die Straße und schmiß ihn in den nahen Flußlauf der
Moika.

Alles das geschah unter den Augen der Polizei. Es
geschah unter der Verantwortung derselben Machthaber,
die jetzt den geschichtlichen Namen der Stadt Petersburg
ausgelöscht, das Erscheinen der seit 1729 bestehenden
ehrwürdigen deutschen Petersburger Aeitung für immer
verboten haben, derselben Regierung, die die aus ihren
Wohnorten verwiesenen Reichsdeutschen in das Elend
armseliger Baschkirendörfer und die deutschen kriegs-
gesangenen Soldaten in die Urwälder Sibiriens ver-
schleppt. Wir wollen geduldig den Tag erwarten, da
dieses russische Reich an seiner eigenen Barbarei zer-
brechen und Rechenschast ablegen wird über seine schwere
Schuld, mit der es sich durch den Krieg von 1914 be-
laden hat. Alfons Paquet.

q-

Jch kann die vorstehenden Aeilen von Alfons Paquet
nicht ohne einige fachmännische Bemerkungen hinaus-
gehen lassen; es ist kein Werk von gestern und heute,
dem diese Darstellung gilt, sondern ein Denkmal deut-
scher Gesinnung, das mächtig in die Iukunft hinein-
ragen wird, trotzdem Pöbelhände es schändeten. Jch
habe nicht wie Paquet die Freude gehabt, seine ragende

Möbel im Preußenzimmer.

Masse und die geschlifscne Kostbarkeit selber zu sehe»,
mir standen nur Abbildungen vor Augen — vielmal
mehr als die hier abgedruckten — so kann ich über die
eigentliche Schönheit des Bauwerkes, seine Raum-
bildung, kaum ein Urteil abgeben, wohl aber über die
Durchbildung der Grundrisse und die Formgebung der
Einzelheiten.

Wie Paquet schon betonte, bot der spitzwinklige
Bauplatz eine besondere Schwierigkeit; seine Lage am
Jsaaksplatz und der einlausenden Straße war so, daß
unbedingt zwei Schauseiten entwickelt werden mußten,
von denen die am Jsaaksplatz natürlich die Hauptsache
war. Eine einheitliche Entwicklung wäre an dem spitzen
Eckwinkel gescheitert, und etwa den ganzen Baublock
rechtwinklig einzuziehen, hätte einen Verlust an Grund-
fläche bedeutet, der bei der Kostbarkeit des Bodens
unmöglich war. Ein Blick auf die Grundrisse (Abb. 10,
11,12) zeigt, wie geschickt Peter Behrens auf die kniff-
lige Frage eine ganze Antwort gab. Er setzte in die
Hauptfront einen rechten Winkel auf die hintere Ecke
ein, verkürzte so die Schauseite zum Jsaaksplatz — was
ihr im Verhältnis zur Höhe wohl tat — und sügte ihr
die Nebenfront mit einer rechtwinkligen Eckbildung an.
So verlor er einen unbedeutenden Bruchteil der Grund-
slache, gewann ein klares Verhältnis der beiden Fronten
zueinander, das ihre verschiedene Wichtigkeit deutlich
machte, und beseitigte die häßliche Spitzwinkligkeit der
Ecke.

Wer die äußeren Ansichten des Bauwerkes prüft,
wird diesen Gewinn gern bestätigen. Freilich stand ihm
ein Verlust gegenüber in der inneren Entwicklung der

ZL0
 
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