Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Botschaft in Petersburg
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0386

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Abb. 27.

Grundrisse, die sich mit dieser Verschachtelung zweier
Fronten abfinden mußten; aber gerade hier hat Peter
Behrens eine wirkliche Meifierschaft bewahrt. Jm Erd-
geschoß mag die Sache noch leicht gewesen sein, im
ersten Obergeschoß war sie umsomehr eine Kalamitat,
als der schiefe Ausschnitt des Bauplatzes auch auf der
rechten Seite der Front (vom Beschauer aus) Schwie-
rigkeiten machte. Repräsentationsräume, wie sie hier
Platz finden mußten, dürfen nicht mit schiefen Gegen-
einanderstellungen der Wände verzwickt gemacht werden,
eine klare Achsencntwicklung mit rechtwinkligen Grenzen
ist in ihnen ein Grunderfordernis. Jndem Behrens
den großen Treppenaufgang nicht in der Richtung des
Haupteingangs legte — was durch die geringe Tiefe
des Baublocks sowieso unmöglich war — sondern nach
links, gewann er durch die eingeschobene Treppe für
die Privatwohnung des Botschafters eine geschickte
Ausnützclng des zwischen den beiden Fronten gleichsani
zermahlenen Raumes. Nun konnte er hinter die Mitte
der Hauptfront den Thronsaal legen und ihm recht-
winklig vier Empfangsräume vorlagern, die sich rechts
in dem großen Speisesaal auffangen. Der wiederum
nützte durch seine Brunnennische die schief abweichende
Grundfläche aus. Als einzige Schwierigkeit blieb der
kleine Durchgangsraum zwischen dem Speise- und
Thronsaal übrig. Er scheint mir auch tatsächlich der
einzige Fremdkörper in der gesamten Raumentwicklung;
denn so intim er für sich wirkt in seiner getäfelten Ein-
richtung als Teeraum: er bleibt eben doch Durch-

Sessel aus dem Thronsaal.

gangsraum und da ist gerade seine Jntimität nicht recht
am Platz.

Ganz glänzend ist Behrens im zweiten Obergeschoß
mit der Verschachtelung fertig geworden; es lohnt sich
schon, diesen Grundriß mit seiner klaren Anordnung
rechtwinkliger Räume unter den verzwicktesten Voraus-
setzungen des Baublocks zu prüfen. Auch die Angliede-
rung der Räume in den Nebenbauten ist nicht ungünstia,
und der kleine Hof wirkt — wie die Abb. 8 und 9
zeigen — noch als eine besondere Räumlichkeit.

Wieweit Peter Behrens auf-dem Grund dieser Risse
zu einer wirklichen Monumentalität der äußeren Er-
scheinung gekommen ist, dafür mögen die Abbildungen
fprechen; namentlich die Fernsicht (Abb. 2), die den Bau
in Verbindung mit der Jsaakskirche und dem.Denkmal
Nikolaus' I. zeigt, gibt eine überzeugende Antwort. Um
es drastisch zu sagen, diese Wirkung hat kein Architekt,
sondern ein Stadtbaumeister und universeller Künstler
geschaffen; es ist dadurch ein Stück Stadtbild fertig ge-
worden, das sich den größten Beispielen würdig anreiht.
Jm einzelnen sind die mächtigen O.uadersäulen als
protzig und klotzig beanstandet worden; es ist eben für
das Gefühl eines Beschauers schwer, aus dem Geschmack
der Überlieferung zu kommen. Wir erwarten mehr
oder weniger die malerischen Eindrücke eines prunk-
vollen Details, wenn wir mit den Vorstellungen etwa
des Otto-Heinrichs-Baues vor ein derartiges Bauwerk
kommen; wir sind zu lange im Bann der Renaissance
und des Barock gewesen, um die Wendung zur strengen
 
Annotationen