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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 14.1923

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Zehntes Heft
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Walden, Herwarth: Der Fall Berliner Tageblatt
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Behrens, Franz Richard: Friedel, die Deutsche
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https://doi.org/10.11588/diglit.47213#0179

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liner Tageblatt lässt sich bekanntlich nicht
die geringste Gelegenheit entgehen, Goethe
oder Rembrandt zu entdecken. Man kann
häufig genug Anmerkungen über diese bei-
den geistigen Arbeiter unter dem bekannten
Strich finden. Aber sie sind nicht Monopol.
Auch andere Zeitungen haben sie bereits
entdeckt. Hier ist vielleicht ein Fall, wo
man die Konkurrenz schlagen kann. Und
sinngemäss verfällt der Redakteur des
Tageblattes vom Ethos ins Geschäft: „Wir
erhalten jeden dritten Tag beinahe die Er-
höhung der Börsenschlüsselzahl und mel-
den es weiter.“ (Sie muss es heissen, aber
das ist nicht so wichtig.) „Wir melden
heute den Fall August Stramm. Wir wer-
den nicht aufhören, an die klipp und klare
Antwort zu erinnern.“ Die klipp und klare
Antwort ist zwar nicht deutsch, aber trotz-
dem erhält die Redaktion des Berliner
Tageblattes klipp und klar und unverzüg-
lich die Antwort. Nach vier Tagen ver-
öffentlicht das Berliner Tageblatt folgendes:
„Aus den uns vorgelegten Akten haben wir
festgestellt, dass das Vorgehen des Verlages
in allen juristischen Punkten korrekt war,
dass Frau Stramm in allen juristischen
Punkten unrecht hat.“
Und darum Sodom und Gomorrha! Und
darum Ethos und Börsenschlüsselzahl! Und
darum Schindluder und Würde der deut-
schen Geistesarbeiter! Nun wäre alles in
schönster Ordnung. Uebrig bleibt die Be-
leidigung und der Fall Berliner Tageblatt.
Und August Stramm.
Auf die Zurücknahme der Beleidigung
kommt es mir persönlich nicht an. Ich
habe zuviel Leid gefühlt, um mich je be-
leidigt zu fühlen. Auf das Berliner Tage-
blatt kommt es noch weniger an. Es ist
ein Nachrichtenblatt wie viele, das im so-
genannten Kunstteil zu spät und zu schlecht
bedient wird.
Wenn aber der Stand der geistigen Arbeiter
im Berliner Tageblatt sühnen will, so gibt
es nur eine Sühne: Lasst durch Berufene
Euren Lesern sagen, wer August Stramm
ist und was August Stramm bedeutet!
So werdet und könnt Ihr auch der Witwe
und den Kindern dieses Mannes in ihrem
Leben helfen. Und das war doch wohl der
Sinn des Ethos Eures „Falles“.
Herwarth Walden

Friedel, die Deutsche
Franz Richard Behrens
Kurt Heynicke, dem Freunde
Schläfst du Friedel
Schläfst du noch mein Leben
Der Tag fängt an zu strahlen
Sterne erbleichen Mädchenglühen goldbach¬
bloss
Unter Sonne Diamant perlbeherzte Tausend-
schön
Dunkle Buchengasse jedes Mädchenfenster
Dorfverborgen schnee Blut mädchen Schäfer-
weide
Weisses Mädchen verschläft den Sternhimmel
Wiesenveilcheri flieht in die Morgenröte
Drei Sterne blinken wie heisst die Kleine
Mädchenlust fensterklirrt Knabenhaben
Königskinder jägerjagen Frühlingnichter¬
scheinen
Freifrau vom See flieht durch die Rosen-
gestade
Fahr mich lodernd feldeinwärts hinüber
Zaudernder Geliebtenfüss
Gib die Sichel blanke Schwester
Gib mir die Wälder gib mir das Rieseln
im Bach
Abendsonne begräbt meinen Mädchennamen
Abendwolke verwelkt müden Wassermond
Willst du tanzen
Spät am grünen Herzspalt junge Mutter
linke Finsternis
Lotte gelehnt an Bräutigams Tür
Hirte im Blütenregen Dreschergesell
Sternfrage erinnert Schimmermund
Die kühle Erle gesehen
Entschlüpfe der erküssten Heckenrose Wege-
stehen
Du gabst mir Blumen und Fingerring
Im Frühlingschatten Maibänder Rosen-
erwachen
Windmilder Büsche Rosenglanz Strauss-
pflückengehen
Kühler Krug kränzt grünen Keller tür-
bebändert
Bräutchen Belinde Taufeuerschneide berg-
geboren
Liebes Lieschen mädel Matrosensang
Blauaugmädle fensteroffen grüner Garten
Meiner Maimaid Süden Traute
Mut rote gelbe Kragen lache Bläue
Rosen und Violen rasch schmaust der Tod
Ruhig schmunzelt der Tod

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