HEFT 4
FACHNOTIZEN
89
ursprünglich zu Klinge und Scheide gehört haben, ist
aber widersinnig bei der jetzigen Form des Korbes;
deshalb sitzt es auch unterhalb des Mundblechs.
Das Urteil Binders deckte sich in seiner knappen
Fassung: »Mundblech 16., Schuh und Griff 19. Jahr-
hundert« völlig mit obigem.
Wir, Cloß und ich, haben uns danach überzeugen
müssen, daß wir wesentliche Teile dieser zusammen-
gestoppelten Waffe wesentlich zu früh angesetzt
haben, und daß diese in ihrer jetzigen Gestalt
überhaupt nicht auf Friedrich den Großen zurückge-
führt werden kann, allein schon deshalb nicht, weil
der ganze Griff und der Scheidenschuh erst dem
19. Jahrhundert zuzuweisen sind.
Die Klinge ist bestimmt, das Mundblech vielleicht
aus der Zeit vor Friedrich, für sie kann also die
Überlieferung, die auf ihn zurückführt, zutreffen.
Jedenfalls ergibt sich auch aus diesem Befunde,
daß selten eine Behauptung mit größerem wissen-
schaftlichen Leichtsinne weiter verbreitet worden ist,
als die von Müller von Hausen: Dieses Schwert
sei der von Napoleon nach Paris verschleppte De-
gen Friedrichs des Großen!
FACHNOTIZEN
Ein Reitergefecht aus dem ersten Drittel des XVII. Jahr-
hunderts. Der niederländische Maler Jan Martsen d. J.
geboren zu Haarlem, starb ebendort nach 1647. Als sein
ältestes bekanntes Werk galt bis jetzt ein 1629 datiertes
Gemälde im Rijksmuseum zu Amsterdam. Das hier zu
besprechende Bild, Katalognummer 44 der Gemälde-
sammlung im erzbischöflichen Lyzeum zu Erlau — Öl-
gemälde auf t Holz, 48,5 X 90 cm — trägt Signatur
, „ . M de Jonge „ ... „ .
und Dalum: Es verdient unsere Auf-
loz I.
merksamkeit, sowohl des Gegenstandes halber als
auch wegen der genauen Wiedergabe der Waffen und
Ausrüstungsstücke. Es stellt ein Scharmützel, etwa ein Vor-
hutgefecht dar, wobei die eine Reitertruppe, kämpfend und
Kugeln wechselnd, sich vor der Übermacht zurückzieht. Die
Trompeter der Verfolger sind bereits stehengeblieben und
blasen wohl Vergatterung. Hinter ihnen verhoffend die
Spitze des im felsigen Gebirge vorrückenden Fußvolkes.
Als Staffage dienen einige Weiber und Kinder, Landbevöl-
kerung oder Troß. In der Ferne ein Hochgericht. Rad und
Galgen. Von besonderem Interesse sind die Fahnen; ihre
Bilder sind deutlich zu erkennen.
1. Die Fahne in der Mitte ist fraisefarbig, mit einem
aus goldenen Ähren gebildeten Schrägkreuz belegt. Der
Heilige Andreas ist ein besonderer Schutzpatron von
Burgund: sein Name diente auch als Schlachtgeschrei,
das Andreaskreuz, ein Astschragen (sautoir ecote) spielt
auch beim Ritterorden vom Goldenen Vließ eine Rolle.
Als Erbe von Burgund benutzte das Haus Österreich das
Andreaskreuz oft und mannigfaltig auf Fahnen und Flaggen.
2. Die andere Fahne am linken Flügel der Angreifer
ist gelb mit dem Reichsdoppeladler. Beide Fahnen scheinen
Abb. i.
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FACHNOTIZEN
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ursprünglich zu Klinge und Scheide gehört haben, ist
aber widersinnig bei der jetzigen Form des Korbes;
deshalb sitzt es auch unterhalb des Mundblechs.
Das Urteil Binders deckte sich in seiner knappen
Fassung: »Mundblech 16., Schuh und Griff 19. Jahr-
hundert« völlig mit obigem.
Wir, Cloß und ich, haben uns danach überzeugen
müssen, daß wir wesentliche Teile dieser zusammen-
gestoppelten Waffe wesentlich zu früh angesetzt
haben, und daß diese in ihrer jetzigen Gestalt
überhaupt nicht auf Friedrich den Großen zurückge-
führt werden kann, allein schon deshalb nicht, weil
der ganze Griff und der Scheidenschuh erst dem
19. Jahrhundert zuzuweisen sind.
Die Klinge ist bestimmt, das Mundblech vielleicht
aus der Zeit vor Friedrich, für sie kann also die
Überlieferung, die auf ihn zurückführt, zutreffen.
Jedenfalls ergibt sich auch aus diesem Befunde,
daß selten eine Behauptung mit größerem wissen-
schaftlichen Leichtsinne weiter verbreitet worden ist,
als die von Müller von Hausen: Dieses Schwert
sei der von Napoleon nach Paris verschleppte De-
gen Friedrichs des Großen!
FACHNOTIZEN
Ein Reitergefecht aus dem ersten Drittel des XVII. Jahr-
hunderts. Der niederländische Maler Jan Martsen d. J.
geboren zu Haarlem, starb ebendort nach 1647. Als sein
ältestes bekanntes Werk galt bis jetzt ein 1629 datiertes
Gemälde im Rijksmuseum zu Amsterdam. Das hier zu
besprechende Bild, Katalognummer 44 der Gemälde-
sammlung im erzbischöflichen Lyzeum zu Erlau — Öl-
gemälde auf t Holz, 48,5 X 90 cm — trägt Signatur
, „ . M de Jonge „ ... „ .
und Dalum: Es verdient unsere Auf-
loz I.
merksamkeit, sowohl des Gegenstandes halber als
auch wegen der genauen Wiedergabe der Waffen und
Ausrüstungsstücke. Es stellt ein Scharmützel, etwa ein Vor-
hutgefecht dar, wobei die eine Reitertruppe, kämpfend und
Kugeln wechselnd, sich vor der Übermacht zurückzieht. Die
Trompeter der Verfolger sind bereits stehengeblieben und
blasen wohl Vergatterung. Hinter ihnen verhoffend die
Spitze des im felsigen Gebirge vorrückenden Fußvolkes.
Als Staffage dienen einige Weiber und Kinder, Landbevöl-
kerung oder Troß. In der Ferne ein Hochgericht. Rad und
Galgen. Von besonderem Interesse sind die Fahnen; ihre
Bilder sind deutlich zu erkennen.
1. Die Fahne in der Mitte ist fraisefarbig, mit einem
aus goldenen Ähren gebildeten Schrägkreuz belegt. Der
Heilige Andreas ist ein besonderer Schutzpatron von
Burgund: sein Name diente auch als Schlachtgeschrei,
das Andreaskreuz, ein Astschragen (sautoir ecote) spielt
auch beim Ritterorden vom Goldenen Vließ eine Rolle.
Als Erbe von Burgund benutzte das Haus Österreich das
Andreaskreuz oft und mannigfaltig auf Fahnen und Flaggen.
2. Die andere Fahne am linken Flügel der Angreifer
ist gelb mit dem Reichsdoppeladler. Beide Fahnen scheinen
Abb. i.
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