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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

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Band 2, Heft 11
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https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0279

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HEFT 11

LITERATUR

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LITERATUR

Dr. Rudolf Wegeli unter Mitwirkung von Rudolf Munger:
Inventar der Waffensammlung des Bernischen
Historischen Aiuseums in Bern. Fortsetzung:
Hieb- und Stichwaffen. Mit 8 bzw. 16 Abbildungen
im Text und 6 bzw. 3 Tafeln. (In den Jahrbüchern des
Bernischen Historischen Museums in Bern 1924 bzw.
1925). Buchdruckerei K. J. Wyss Erben, Bern 1925
bzw. 1926.
Im Anschluß an die 1919 begonnene und in den folgen-
den Jahrbüchern fortgesetzte Behandlung der Hieb- und
Stichwaffen, die bereits in Z. H. W. K. 10, 35 ff. und
11, 43 ff. näher gewürdigt worden sind, enthalten auch die
Ausführungen in den beiden letzterschienenen Jahr-
büchern von 1924 und 1925 (umfassend die Nr. 544 bis
690 bzw. 691—844) eine Fülle wertvollen Studienmaterials,
auch wenn es sich hier größtenteils um Degen und Säbel
des 18. und 19. Jahrhunderts handelt.
Hierzu zählen zunächst einige Waffenschmiedmarken
auf älteren Degenklingen, deren Grifformen jedoch der
späteren Zeit angehören. So trägt bei einem Säbel des
18. Jahrhunderts (Nr. 699) die aus dem 16. Jahrhundert
stammende Klinge dieselbe Marke, die sich auf einem
Zweihänder der gleichen Zeit (Nr. 231) vorfindet, und
dasselbe trifft auch bei. einem Degen des 18. Jahrhunderts
zu (Nr. 557), dessen Klinge die ebenfalls bei Zweihändern
häufige große Reichsapfelmarke zeigt. Auch die berühm-
ten Toledaner Meister sind hierbei vertreten: Neben der
Namensbezeichnung des LVIS DE AIALA bei einem
Reiterdegen des 18. Jahrhunderts (Nr. 548), tragen die
Klingen von 3 Galanteriedegen um 1740—1760 die Namen
des TOMAS DE AYALA (Nr. 590), PIEDRO DEL
MONCI (Nr. 569) und HORTVNO TE AGVIRE (Nr. 573).
Die besonders zahlreichen Solinger Klingen, von denen
weitere acht mit Wolfsmarken, und neben der kabbalisti-
schen Zahl 1414 auch mit der gleichartigen 1538 bezeich-
net sind (Nr. 572), sind die Werke nachfolgender Meister:
CLEMENS STAM (nebst Ankerzeichen), Gebr. Weyers-
berg, Schimmelbusch & Sohn, P. KVLL (mit Totenkopf-
marke), W. Klauberg, J. J. Runkel, Knecht, Rodolphe
Daniel Kirschbaum, Alex. Coppel (mit Waagenmarke),
Wester & Co., E. & F. Hörster. Als bisher weniger be-
kannte schweizerische Klingenschmiede erscheinen laut In-
schriften auf dem Galanteriedegen (Nr. 575): „Hieronimus
Gemuseus Beim gülden Schwert in Basel“, und bei dem
Offiziersdegen mit Silbergriff (Nr. 668): „Johann Fried-
rich Gruner in Bern“. Nach den verdankenswerten archi-
valischen Forschungen Dr. Wegelis wurde H. Gemuseus
(1674—1711) 1702 in die Zunft zu Schmieden aufgenom-
men, während J. F. Gruner (1714—1762) seine Werk-
stätte 1736 oder 1737 eröffnete, nachdem er sich durch
Reisen in Deutschland und Frankreich für seinen Beruf
ausgebildet hatte. Ein Sohn, Johann Rudolf (geb. 1740),
war ebenfalls Degenschmied, scheint aber nie in Bern
gearbeitet zu haben. Hinzu kommen aus der neueren Zeit
noch J. Girtanner in St. Gallen (Nr. 639) und Mohr &
Speyer in Bern (Nr. 836). Auf die schweizerische Pro-
venienz weisen auch bei den Berner Säbeln des 18. Jahr-
hunderts die auf beiden Seiten der Klinge geätzten Fi-
guren eines schreitenden Bären hin (Nr. 711, 720, 723,

730, 757), sowie der einem verschränkten A mit X glei-
chende Berner Zeughausstempel (Nr. 716).
Ebenso interessant sind ferner die den Charakter ihrer
Zeit widerspiegelnden, von Wegeli meist richtiggestell-
ten Klingeninschriften. Gegenüber dem Ernst des Bibel-
textes: „Pius vigila semper nec somno deditus esto — nam
daturna quies vitiis alimenta ministrat“ (Degen, 18. Jahrh.
Nr. 546), läßt die auf vier Galanteriedegen derselben Zeit
vorhandene Inschrift: „La ou est mon soleil“ bzw. „Vivat
amoris vincula casta“ (Nr. 566, 599, 613, 609) die ganze
Lebenslust der galanten Zeit Louis XV. und Louis XVI.
erkennen. Daneben erscheinen auch hier die mit astro-
logischen Zeichen, Sonne, Mond und Sternen, Türken-
und Negerköpfen und kabbalistischen Inschriften geätzten
Klingen (Nr. 698, 719, 749, 764), sowie mit den antikisie-
renden Kriegerfiguren des Hannibal (Nr. 619) und Paris
Trojanus (Nr. 683). Eigentliche Eigentümerbezeichnungen
dagegen tragen der prächtige, im Stil Regence aufs
künstlerischste in Eisen geschnittene und teilweise ver-
goldete Staatsdegen des Berner Schultheißen Nikolaus
Friedrich von Steiger — Montricher (Nr. 562), ferner
ein der bereits früher besprochenen Nr. 304 gleichendes
Reiterschwert des Ritt Meister Steiner — Von Winterthur
(Nr. 674) und ein ebensolches Schwert des Ritt Meister
Hirzel — Von Wülflingen 1746 (Nr. 675).
Zwei besondere Gruppen bilden die Galanteriedegen der
Zeit Louis XV. (Nr. 579—582, 585—593) und Louis XVI.
(Nr. 599—631), die mit ihren geätzten und vergoldeten
Verzierungen, mit Knopfrosetten und ovalen Facetten-
perlen besetzten Stichblättern und Parierstangen, polierten
Stahlgriffen und Perlenschnüren, ihre französische Her-
kunft nicht verleugnen. Dasselbe gilt auch von den hierzu
passenden verschiedenartigen Scheiden. So erscheinen
neben den gewöhnlichen schwarz lakierten oder braunen
Lederscheiden auch solche aus Pergament, Fischhaut und
weißer Schlangenhaut, zum Teil mit silbernen Mund-
blechen, Zwingen und Ortblechen, sowie mit stählernen
Kettengehängen und durchbrochenen Haken verziert.
Lassen ferner schon die zahlreichen Infanterie- und
Reitersäbel der einzelnen schweizerischen Kantone, wie die
Berner, Luzerner, Zuger, Zürcher und Solothurner, höchst
interessante Verschiedenheiten untereinander erkennen, so
bieten insbesondere, als ein getreues Spiegelbild der seit
Jahrhunderten eingewurzelten Vorliebe für fremde Kriegs-
dienste, die in diesen von näher bezeichneten höheren
schweizerischen Offizieren geführten Hieb- und Stichdegen
eine wahre Blumenlese von charakteristischen Formen.
Hierbei erscheinen unter den in französischen Diensten
getragene Degen als Meisternamen: Le Page-Moutier ä
Paris (Nr. 656), Aubert Fourbisseur du Regiment ä Paris
bei einem Säbel, dessen Klinge die Inschrift: „REGIT DES
GARDES SVISSES — COMNIE D’ERLACHoc“ trägt
(Nr. 762), ferner außer der einfachen Fabrikmarke Klingen-
thal (Nr. 756) auch die vollständige:,,Manulre Royale de
Klingenthal Coulaux Freres“ — „Fournier Fourbisseur
ä Paris (Nr. 805, 814, 820, 824). Neben einem spani-
schen Reitersäbel mit der bekannten Inschrift: „NO. ME.
SAQVES. SIN. RASON — NO. ME. ENBAINES. SIN.
HONOR“ (Nr. 696), einem savoyischen mit Adler und
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