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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

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Band 2, Heft 7
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Cripps-Day, Francis H.; Rudolph, G. [Mitarb.]: Zwei weitere Montmorency-Harnische
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0180

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168

FACHNOTIZEN

BAND 2

getriebenen. Das eingeätzte Ornament kann einen
Anhaltspunkt für das Datum geben. Es besteht bei-
nahe ganz aus Blumenmotiven mit ein paar Vogel-
darstellungen, z. T. naturalistisch gehalten, z. T.
im frühen Renaissance-Charakter. Die Atzung kann
nicht gut später als 1560 sein.
Ist diese Rüstung in Frankreich geschlagen, so
kann sie aus dieser Negroli-Werkstatt gekommen
sein. Darüber, wann sie im Tower auftaucht, haben
wir keine Urkunde, auch kann sie mit keiner in den
Inventaren des 17. Jahrh. identifiziert werden. 1824
erwähnt Meyrick (Bd. III, S. 112) die Rüstung als
im Tower befindlich, und dies ist die früheste si-
chere Notiz. Das Portrait Monks im Powderham
Castle, das von Michael Wright gemalt ist, soll ihn
in dieser Rüstung zeigen. Er trägt eine streifig ge-
ätzte Rüstung mit getriebenen Löwenmasken an den
Armkacheln.
Wir brauchen uns nicht erst im Geiste auszumalen,
welche Art von Löwenrüstung im 17. Jahrh. ent-
standen sein mag. Wir können eine solche auf
einem Grabmal in der Westminster Abtei dargestellt
sehen. In der St. Pauls Kapelle steht das Grabmal
von Sir James Fullerton, der 1630/31 starb; er ist
vom Bildhauer in einer ganz genau entworfenen
Rüstung dargestellt, die nach einem ganz besonders
schönen Entwurf gearbeitet ist. Hier finden wir
die Löwenmasken am unteren Rande der Brust und
an jedem Kniebuckel. Oder auch auf der Büste
Karls I. von Bernini nach einem Bildnis van Dgks,
die früher im Durchgang von Westminster Hall nach
dem Schloßhof stand, der einen Teil der Unter-
kapelle von St. Stephan, Westminster, bildete. Diese
ist abgebildet bei Smiths Altertümer von London,
der auch einen Stich aus Pennants London mit der
Büste Karls I. bringt, die einst über dem Eingang
zum Bankett-Saal in Whitehall stand, und noch
in dem Schloß aufbewährt wird. Diese Büsten zei-
gen Harnische mit Ungeheuerköpfen auf den es-
paliers.

Meine Untersuchung ergibt demnach folgendes:
1. Als Franz Huys in Paris lebte und einige der
führenden Persönlichkeiten seiner Zeit malte, schuf
er Bildnisse von Heinrich II. und dem Connetable
Anne de Montmorency in Harnischen der genau
gleichen Ausführung wie die Rüstung G. 138 im
Musee de l’armee (Abb. 1).
2. Da die Form der Rüstungen französisch ist, ist es
nicht ausgeschlossen, daß beide, Heinrich II. und der
Connetable ähnliche Rüstungen besessen haben, und
daß die Rüstung G. 138 wahrscheinlich Heinrich II.
oder dem Connetable gehört hat, und zwar wahr-
scheinlich dem letzteren, falls sie aus Chantilly
stammt.
3. Franz Huys malte Karl IX. in einer Rüstung
von ähnlicher Form aber anderer Dekoration; und
es ist möglich, daß derselbe französische Plattner
auch für Karl IX. eine Rüstung schlug, die in der
Form denen Heinrichs II. und des Connetable ähn-
lich war.
4. Die Ähnlichkeit der Profilstellung bei allen
drei Harnischen beweist nicht, daß es sich hier um
Klischeearbeit handelt, denn die Portraitmaler die-
ser Zeit schufen sehr oft Bildnisse im Profil oder
in ähnlicher Stellung.
5. Die armure aux lions, die aus Chantilly stammt,
gleicht in der Form sehr der Rüstung G. 138, und
kann dem Connetable gehört haben, der, wie wir
wissen, 1556 eine Rüstung ,,ä l’antique“ besaß, die
noch 1568 in seiner Rüstkammer stand.
6. Die Rüstung ,,ä l’antique“, die 1568 in der Pa-
riser Rüstkammer des Connetable stand, wurde
wahrscheinlich nach Chantilly geschafft, als Char-
lotte de Montmorency, die Gemahlin des Prinzen
Conde, ihr Pariser Hotel verkaufte.
7. Die Löwenrüstung im Tower stammt wahr-
scheinlich aus der Mitte des 16. Jahrhunderts;
es ist nicht ausgeschlossen, daß sie von der Pariser
Schule der Negroli beeinflußt ist.

FACHNOTIZEN

Das Waffensystem Dreger.
Auf Seite 120 ff. findet sich eine Besprechung meines
Buches „Waffensammlung Dreger“ abgedruckt. Ich kann
nicht sagen, daß sie micli besonders eitel gemacht hätte.
U. a. hat auch mein Vorschlag einer neuen Einteilung der
Waffen wenig Zustimmung gefunden. Aber wegen der
Wichtigkeit gerade dieser Frage für unsere Wissenschaft

wäre es zu bedauern, wenn sich der eine oder andere
Leser durch die Besprechung davon abhalten ließe, mein
Buch selber vorzunehmen. Um solcher Möglichkeit in
Etwas vorzubeugen und auch um denjenigen Lesern, die
nicht in der Lage sind, sich mein Buch zu beschaffen,
ein selbständiges Urteil zu ermöglichen, gebe ich in Nach-
stehendem eine kleine Stichprobe von dem, was ich ge-
wollt habe:
 
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