114
FACHNOTIZEN
BAND 2
FACHNOTIZEN
Zu den Aufsätzen über Wurfbeile. Durch die inter-
essanten Aufsätze Walter Roses und Hans Stöckleins in
dieser Zeitschrift wurde die Aufmerksamkeit des Leser-
kreises auf diese, bisher in der Waffenkunde wenig be-
achteten Waffen gelenkt, deren Verwendung, vorläufig
wenigstens, überwiegend für das süddeutsche Gebiet sich
belegen läßt. Die Zusammenstellung literarischer Nach-
richten über Wurfwaffen, die Stöcklein erbrachte, gab
Veranlassung, die leicht zugänglichen tirolischen Quellen
in dieser Hinsicht durchzusehen, und es dürfte vielleicht
angebracht sein, das Ergebnis hier mitzuteilen.
In erster Linie war die 1909 erschienene Publikation Prof.
Dr. O. von Zingerles über mittelalterliche Inventare aus
Tirol und Vorarlberg heranzuziehen. Die Durchsicht er-
gab, daß der Ausdruck .„Wurfbeil“ sich in den 82 Inven-
taren des 15. Jahrh.s aus Schlössern und Amtshäusern,
die Zingerle bringt und deren sehr viele auch Waffen
aufweisen, nicht verwendet findet. Dagegen enthält das
älteste Inventar der Sigmundsburg (am Fernpaß) von
1462 in seiner Abteilung „harnasch und was zu der weer
gehört“ drei „Wurfegsen“ und „1 weer mit IUI zugken
eysen“. Letztere erscheint als „wer mit 4 hacken“ wieder
im Inventar von 1478, während die Wurfeisen, auf zwei
gemindert, in diesem als Wurfhacken bezeichnet sich
finden. Im folgenden Inventar von 1483 sind diese als
„2 eysen wurfhagken“ angegeben und wiederholen sich
als solche in jenem von 1490. Die Inventare aller übrigen
Schlösser enthalten keine Wurfhacken, sodaß für diese
Zeit eine allgemeine Verwendung dieser Waffenart in der
Ausrüstung nicht anzunehmen ist. Wohl aber finden sich
im Inventar des Schlosses Neuburg in Vorarlberg von
1479 nach mehreren Posten mit Waffen, getrennt von die-
sen und unter verschiedenem Werkzeug (Hebeisen, Pickel,
Schlegel, Schaufeln usw.) „4 Wurfkegel“, welcher Aus-
druck auch in einem Inventar des Schlosses Hauenstein
aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Arch. Churburg) vor-
kommt, das Zingerle in dieser seiner Sammlung nicht
erwähnt. Es verzeichnet im Nachlaß des „letzten Minne-
sängers“ Oswald von Wolkenstein „ainleff wurfkegel
und zwai pleierne platten“ und zwar auch hier nicht un-
mittelbar unter den vorhandenen Waffen, sondern nach
solchen und nach Lebensmittelvorräten zusammen mit
einem „leck mit pfeil und tausend pfeileisen“, einem Be-
hältnis mit Schwefel und einem Sack Salpeter, sodaß an-
gezweifelt werden kann, ob diese Wurfkegel als Waffen
im eigentlichen Sinn anzusprechen sind. Vielleicht weiß
einer der Leser diesen Ausdruck zu deuten, der sich auch
in einem Verzeichnis des „zeugs herzog Sigmunds auf
den geslössern und stetten zu Schwaben“ von 1461 wieder-
holt.
Wenn wir weiters die tiroler Weistümer durchsehen, so
begegnen uns Wurfwaffen mehrmals, durchwegs als solche,
die zu tragen verboten war: das Ehehaft-Täding des
Gerichtes Kufstein besagt „man solle sich der creuzpeil,
wurfhacken, pleikugel, gespannter armbrust, clainer
kurzer Hosenpixl und dergleichen ungewöhnlicher ver-
potner haimblicher wöhren, welliche nit zur Defension,
sondern zu Offension, mörderei und Verrichtung alles Übels
erdacht und damit verricht werden mügen, fail zu haben,
zu verkaufen, zu fieren, zu tragen oder zu gebrauchen nit
anmaßen bei henkens straff“. Desgleichen waren im Ge-
richt Kitzbühel“ alle perkhacken, wurfhacken, kreiz-
hacken, alle Stecher oder überhaupt hacken, die zu der
wehr getragen werden, auch spies“ verboten und ähn-
liche Verbote enthalten die Ordnungen von Rattenberg,
der Herrschaft Kropfsberg und die Hofmark Lichtenwert
(alle im Unterinntal). Aus dem Pustertal finden wir in
den Statuten der Stadt Lienz von 1596 Wurfhacken, und
„andere verpothne Wör“ erwähnt, während die süd-
tiroler Weistümer nur allein in dem viel jüngeren Ehe-
hafttäding von Pens (Sarntal) das Verbot des Tragens
von Wurfbeilen, Bleikugeln, Stileten und Terzerolen zum
Kirchgang und auf der Gasse ausdrücklich aussprechen.
Es beruhte übrigens auch auf den Bestimmungen der
Landesordnung, in denen wir durchwegs alle diese Wurf-
waffen namentlich unter den verbotenen Wehren auf-
geführt vorfinden, so in jener von 1526 und in den fol-
genden und dann ausführlicher in der verneuerten von
1573. Eine eigentümliche Erwähnung der Wurfhacken
bringt eine Aufzeichnung von 1468 über Rechtsgeltung
im kleinen, damals salzburgischen Gericht Lengberg im
Pustertal, welche lautet: an was enten vederspill stee
und ain nachpawer (Gemeidegenosse) icht selbs hagken
well, so sull er mit dem ain fuess im aspaum stenn und
mit einer wurfhacken werfen, was er (ver)mag umb und
umb, und außerhalb des wurfs mag er woll schlachen, und
was er innerhalb schlecht (schlüge) ist er der herschaft
verfallen mit 52 1b.
Schließlich sei beigefügt, daß die, in den bezogenen
Aufsätzen erwähnte, messerartige Seitenwaffe Teliz sich,
wie ebenfalls in steirischen und kärntner Taidingen,
auch in Tirol feststellen läßt. So im Nachlaß des Kap-
lans Meister Bernhard von Tramin von 1491 „ain par
sporen, ain schwert, ain messer, ain tilicz, ain streyt-
kolben“ und unter andern Handwaffen im Inventar des
Amtshauses in Bozen von 1485, woselbst „ain tilnitz (sic!)
mit swartzn schalen“ vorhanden war.
Oswald Trapp.
Der Solinger Schwertschmied Clemens Wopper. Das
Heeresmuseum in Wien bewahrt einen Degen, über des-
sen Verfertiger man sich lange den Kopf zerbrochen
hat. Die 114 cm lange Waffe stammt nach dem Wiener
Katalog aus der Zeit von 1637—1643, am Stichblatt zeigt
sie den Doppeladler. Sie soll von Kaiser Ferdinand III.
getragen worden sein und ist seit 1750 im kaiserlichen
Besitz nachweisbar. Als eingeschlagenes Schmiedezeichen
trägt die 98 cm lange Klinge zunächst der Angel den
krähenden Hahn, der auch geätzt in schöner Zeichnung
mit der Umschrift CLEMENS WOPPER IN SOLING auf
der Rückseite der Klinge zu sehen ist. Auf derselben Seite
findet sich ferner das Bildnis Ludwigs XIII. mit der
Umschrift LUDOVICUS XIII. D. G. GALL. FRANCIAE R.
und auf der Vorderseite das Ferdinands III. mit der
Umschrift FERDINANDUS III. D. G. ROM. IMP. und
dem Doppeladler darüber.
Über den Figuren der beiden Herrscher steht SOLI.DEO
FACHNOTIZEN
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Zu den Aufsätzen über Wurfbeile. Durch die inter-
essanten Aufsätze Walter Roses und Hans Stöckleins in
dieser Zeitschrift wurde die Aufmerksamkeit des Leser-
kreises auf diese, bisher in der Waffenkunde wenig be-
achteten Waffen gelenkt, deren Verwendung, vorläufig
wenigstens, überwiegend für das süddeutsche Gebiet sich
belegen läßt. Die Zusammenstellung literarischer Nach-
richten über Wurfwaffen, die Stöcklein erbrachte, gab
Veranlassung, die leicht zugänglichen tirolischen Quellen
in dieser Hinsicht durchzusehen, und es dürfte vielleicht
angebracht sein, das Ergebnis hier mitzuteilen.
In erster Linie war die 1909 erschienene Publikation Prof.
Dr. O. von Zingerles über mittelalterliche Inventare aus
Tirol und Vorarlberg heranzuziehen. Die Durchsicht er-
gab, daß der Ausdruck .„Wurfbeil“ sich in den 82 Inven-
taren des 15. Jahrh.s aus Schlössern und Amtshäusern,
die Zingerle bringt und deren sehr viele auch Waffen
aufweisen, nicht verwendet findet. Dagegen enthält das
älteste Inventar der Sigmundsburg (am Fernpaß) von
1462 in seiner Abteilung „harnasch und was zu der weer
gehört“ drei „Wurfegsen“ und „1 weer mit IUI zugken
eysen“. Letztere erscheint als „wer mit 4 hacken“ wieder
im Inventar von 1478, während die Wurfeisen, auf zwei
gemindert, in diesem als Wurfhacken bezeichnet sich
finden. Im folgenden Inventar von 1483 sind diese als
„2 eysen wurfhagken“ angegeben und wiederholen sich
als solche in jenem von 1490. Die Inventare aller übrigen
Schlösser enthalten keine Wurfhacken, sodaß für diese
Zeit eine allgemeine Verwendung dieser Waffenart in der
Ausrüstung nicht anzunehmen ist. Wohl aber finden sich
im Inventar des Schlosses Neuburg in Vorarlberg von
1479 nach mehreren Posten mit Waffen, getrennt von die-
sen und unter verschiedenem Werkzeug (Hebeisen, Pickel,
Schlegel, Schaufeln usw.) „4 Wurfkegel“, welcher Aus-
druck auch in einem Inventar des Schlosses Hauenstein
aus der Mitte des 15. Jahrhunderts (Arch. Churburg) vor-
kommt, das Zingerle in dieser seiner Sammlung nicht
erwähnt. Es verzeichnet im Nachlaß des „letzten Minne-
sängers“ Oswald von Wolkenstein „ainleff wurfkegel
und zwai pleierne platten“ und zwar auch hier nicht un-
mittelbar unter den vorhandenen Waffen, sondern nach
solchen und nach Lebensmittelvorräten zusammen mit
einem „leck mit pfeil und tausend pfeileisen“, einem Be-
hältnis mit Schwefel und einem Sack Salpeter, sodaß an-
gezweifelt werden kann, ob diese Wurfkegel als Waffen
im eigentlichen Sinn anzusprechen sind. Vielleicht weiß
einer der Leser diesen Ausdruck zu deuten, der sich auch
in einem Verzeichnis des „zeugs herzog Sigmunds auf
den geslössern und stetten zu Schwaben“ von 1461 wieder-
holt.
Wenn wir weiters die tiroler Weistümer durchsehen, so
begegnen uns Wurfwaffen mehrmals, durchwegs als solche,
die zu tragen verboten war: das Ehehaft-Täding des
Gerichtes Kufstein besagt „man solle sich der creuzpeil,
wurfhacken, pleikugel, gespannter armbrust, clainer
kurzer Hosenpixl und dergleichen ungewöhnlicher ver-
potner haimblicher wöhren, welliche nit zur Defension,
sondern zu Offension, mörderei und Verrichtung alles Übels
erdacht und damit verricht werden mügen, fail zu haben,
zu verkaufen, zu fieren, zu tragen oder zu gebrauchen nit
anmaßen bei henkens straff“. Desgleichen waren im Ge-
richt Kitzbühel“ alle perkhacken, wurfhacken, kreiz-
hacken, alle Stecher oder überhaupt hacken, die zu der
wehr getragen werden, auch spies“ verboten und ähn-
liche Verbote enthalten die Ordnungen von Rattenberg,
der Herrschaft Kropfsberg und die Hofmark Lichtenwert
(alle im Unterinntal). Aus dem Pustertal finden wir in
den Statuten der Stadt Lienz von 1596 Wurfhacken, und
„andere verpothne Wör“ erwähnt, während die süd-
tiroler Weistümer nur allein in dem viel jüngeren Ehe-
hafttäding von Pens (Sarntal) das Verbot des Tragens
von Wurfbeilen, Bleikugeln, Stileten und Terzerolen zum
Kirchgang und auf der Gasse ausdrücklich aussprechen.
Es beruhte übrigens auch auf den Bestimmungen der
Landesordnung, in denen wir durchwegs alle diese Wurf-
waffen namentlich unter den verbotenen Wehren auf-
geführt vorfinden, so in jener von 1526 und in den fol-
genden und dann ausführlicher in der verneuerten von
1573. Eine eigentümliche Erwähnung der Wurfhacken
bringt eine Aufzeichnung von 1468 über Rechtsgeltung
im kleinen, damals salzburgischen Gericht Lengberg im
Pustertal, welche lautet: an was enten vederspill stee
und ain nachpawer (Gemeidegenosse) icht selbs hagken
well, so sull er mit dem ain fuess im aspaum stenn und
mit einer wurfhacken werfen, was er (ver)mag umb und
umb, und außerhalb des wurfs mag er woll schlachen, und
was er innerhalb schlecht (schlüge) ist er der herschaft
verfallen mit 52 1b.
Schließlich sei beigefügt, daß die, in den bezogenen
Aufsätzen erwähnte, messerartige Seitenwaffe Teliz sich,
wie ebenfalls in steirischen und kärntner Taidingen,
auch in Tirol feststellen läßt. So im Nachlaß des Kap-
lans Meister Bernhard von Tramin von 1491 „ain par
sporen, ain schwert, ain messer, ain tilicz, ain streyt-
kolben“ und unter andern Handwaffen im Inventar des
Amtshauses in Bozen von 1485, woselbst „ain tilnitz (sic!)
mit swartzn schalen“ vorhanden war.
Oswald Trapp.
Der Solinger Schwertschmied Clemens Wopper. Das
Heeresmuseum in Wien bewahrt einen Degen, über des-
sen Verfertiger man sich lange den Kopf zerbrochen
hat. Die 114 cm lange Waffe stammt nach dem Wiener
Katalog aus der Zeit von 1637—1643, am Stichblatt zeigt
sie den Doppeladler. Sie soll von Kaiser Ferdinand III.
getragen worden sein und ist seit 1750 im kaiserlichen
Besitz nachweisbar. Als eingeschlagenes Schmiedezeichen
trägt die 98 cm lange Klinge zunächst der Angel den
krähenden Hahn, der auch geätzt in schöner Zeichnung
mit der Umschrift CLEMENS WOPPER IN SOLING auf
der Rückseite der Klinge zu sehen ist. Auf derselben Seite
findet sich ferner das Bildnis Ludwigs XIII. mit der
Umschrift LUDOVICUS XIII. D. G. GALL. FRANCIAE R.
und auf der Vorderseite das Ferdinands III. mit der
Umschrift FERDINANDUS III. D. G. ROM. IMP. und
dem Doppeladler darüber.
Über den Figuren der beiden Herrscher steht SOLI.DEO