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F A C H N O T I Z E N
BAND 2
soll er in Belgien sein: der historische Gezelin soll
in der Eifel gelebt haben und sein Grab soll sich in
Luxemburg befinden13). Cäsarius von Heisterbach
schweigt von ihm, und die Altenberger Mönche er-
wähnen ihn nur obenhin. Während er im Jahre 1200
gestorben sein soll, ist die Gezelinkapelle bei Schle-
busch erst im 15. Jahrhundert erbaut. Das Wasser
des Gezelinbrunnens soll gegen Augenleiden helfen.
Das alles hat keinerlei Beziehung zur Herstellung von
Schwertern, sagt uns also nichts über die Herkunft
der Gicelinschwerter.
Fassen wir das Ergebnis unserer Untersuchung zu-
sammen, so lautet es:
1. Nichts spricht dafür, daß schon im 4. und 5.
Jahrhundert im Bergischen irgendwelche Industrie
vorhanden gewesen wäre.
2. Es sind keinerlei urkundliche Nachrichten dar-
über bekannt, daß der Hofbezirk Solingen schon zur
Karolingerzeit bestanden habe, noch daß damals im
Bergischen Schwerter hergestellt worden wären.
3. Es ist nicht bekannt, ob in so frühen Zeiten im
1S) Montanus, Die Vorzeit der Länder Cleve, Mark, Jü-
lich, Berg und Westfalen, 1837, Band 1 S. 34; 1870 Bd. 1,
S. 54.
Bergischen Erze gewonnen wurden; jedenfalls heißt
romerik nicht erzreich.
4. Aus den Orts- und Familiennamen der Solinger
Gegend ergibt sich nichts, was auf das Bestehen
einer Industrie in so früher Zeit hinwiese oder wo-
raus man Aufklärung über eine etwaige Industrie in
so früher Zeit zu schöpfen vermöchte.
5. Solingen wird zuerst im Jahre 965 als das Gut
Solagon erwähnt; über die genaue Lage und Aus-
dehnung dieses Gutes ist nichts bekannt.
6. Der Name Solingen bedeutet nicht Walze, ge-
schweige denn, daß er die Annahme des Bestehens
einer Schleif- oder Poliereinrichtung auf dem Gut
Solagori im Jahre 965 rechtfertigen könnte.
7. Keinerlei sprachliche Erwägungen berechtigen,
die Fabrikation der Ulfberht- und Ingelredschwerter
zum Bergischen in Beziehung zu setzen; auch sind
bis jetzt keine Tatsachen oder Nachrichten gefunden,
welche die Herstellung der Gicelinschwerter im Bergi-
schen wahrscheinlich erscheinen ließen.
Ist das Ergebnis auch ein negatives, so hat es hof-
fentlich doch den positiven Erfolg, daß Fachleute die
hier vorgelegten Ausführungen einer Prüfung unter-
ziehen und auf Grund ihrer Fachkenntnisse die
Frage nach dem Ursprung der hier besprochenen
Schwerter aufs neue wieder auf nehmen.
FACHNOTIZEN
Ein Inschriftenschwert des 13. Jahrhunderts aus den Ste-
dinger Kämpfen. Im Oldenburgischen Jahrbuch des Ver-
eins für Altertumskunde und Landesgeschichte von 1926
(S. 162 ff.) berichtet Professor Dr. von Buttel-Reepen über
dinger, ein Bauernaulgebot von 4000 Mann, wegen angeb-
licher Ketzerei der Übermacht eines gewaltigen Heeres von
„Kreuzrittern“ erlag. Die Schwertmaße, Knauf und
Charaktere der beiderseitigen Buchstaben passen zu
Abb. 1. Schwert. 13. Jahrhundert. Oldenburg. Naturhist. Mus.
den Fund des hier abgebildeten Schwertes, das sich jetzt
im Naturhistorischen Museum in Oldenburg befinde!
(Abb. 1). Aus dem Fundort, dem Flüßchen Ollen beim
Dorfe Harmenhausen in Oldenburg, geht mit großer Wahr-
scheinlichkeit hervor, daß das Schwert aus der Schlacht
von Altenesch stammt, in der im Jahre 1234 die Ste-
dieser Datierung (Abb. 2). Auf Bitte von Professor
Dr. von Buttel-Reepen stelle ich die Lesung der zu
Weglis Ned-Gruppe gehörigen Inschrift1), wie sie
von Geheimrat Professor Dr. Rüthning versucht ist, zur
Diskussion, und möchte nur noch bemerken, daß die
■) Z. H. W. K. 3, 264.
F A C H N O T I Z E N
BAND 2
soll er in Belgien sein: der historische Gezelin soll
in der Eifel gelebt haben und sein Grab soll sich in
Luxemburg befinden13). Cäsarius von Heisterbach
schweigt von ihm, und die Altenberger Mönche er-
wähnen ihn nur obenhin. Während er im Jahre 1200
gestorben sein soll, ist die Gezelinkapelle bei Schle-
busch erst im 15. Jahrhundert erbaut. Das Wasser
des Gezelinbrunnens soll gegen Augenleiden helfen.
Das alles hat keinerlei Beziehung zur Herstellung von
Schwertern, sagt uns also nichts über die Herkunft
der Gicelinschwerter.
Fassen wir das Ergebnis unserer Untersuchung zu-
sammen, so lautet es:
1. Nichts spricht dafür, daß schon im 4. und 5.
Jahrhundert im Bergischen irgendwelche Industrie
vorhanden gewesen wäre.
2. Es sind keinerlei urkundliche Nachrichten dar-
über bekannt, daß der Hofbezirk Solingen schon zur
Karolingerzeit bestanden habe, noch daß damals im
Bergischen Schwerter hergestellt worden wären.
3. Es ist nicht bekannt, ob in so frühen Zeiten im
1S) Montanus, Die Vorzeit der Länder Cleve, Mark, Jü-
lich, Berg und Westfalen, 1837, Band 1 S. 34; 1870 Bd. 1,
S. 54.
Bergischen Erze gewonnen wurden; jedenfalls heißt
romerik nicht erzreich.
4. Aus den Orts- und Familiennamen der Solinger
Gegend ergibt sich nichts, was auf das Bestehen
einer Industrie in so früher Zeit hinwiese oder wo-
raus man Aufklärung über eine etwaige Industrie in
so früher Zeit zu schöpfen vermöchte.
5. Solingen wird zuerst im Jahre 965 als das Gut
Solagon erwähnt; über die genaue Lage und Aus-
dehnung dieses Gutes ist nichts bekannt.
6. Der Name Solingen bedeutet nicht Walze, ge-
schweige denn, daß er die Annahme des Bestehens
einer Schleif- oder Poliereinrichtung auf dem Gut
Solagori im Jahre 965 rechtfertigen könnte.
7. Keinerlei sprachliche Erwägungen berechtigen,
die Fabrikation der Ulfberht- und Ingelredschwerter
zum Bergischen in Beziehung zu setzen; auch sind
bis jetzt keine Tatsachen oder Nachrichten gefunden,
welche die Herstellung der Gicelinschwerter im Bergi-
schen wahrscheinlich erscheinen ließen.
Ist das Ergebnis auch ein negatives, so hat es hof-
fentlich doch den positiven Erfolg, daß Fachleute die
hier vorgelegten Ausführungen einer Prüfung unter-
ziehen und auf Grund ihrer Fachkenntnisse die
Frage nach dem Ursprung der hier besprochenen
Schwerter aufs neue wieder auf nehmen.
FACHNOTIZEN
Ein Inschriftenschwert des 13. Jahrhunderts aus den Ste-
dinger Kämpfen. Im Oldenburgischen Jahrbuch des Ver-
eins für Altertumskunde und Landesgeschichte von 1926
(S. 162 ff.) berichtet Professor Dr. von Buttel-Reepen über
dinger, ein Bauernaulgebot von 4000 Mann, wegen angeb-
licher Ketzerei der Übermacht eines gewaltigen Heeres von
„Kreuzrittern“ erlag. Die Schwertmaße, Knauf und
Charaktere der beiderseitigen Buchstaben passen zu
Abb. 1. Schwert. 13. Jahrhundert. Oldenburg. Naturhist. Mus.
den Fund des hier abgebildeten Schwertes, das sich jetzt
im Naturhistorischen Museum in Oldenburg befinde!
(Abb. 1). Aus dem Fundort, dem Flüßchen Ollen beim
Dorfe Harmenhausen in Oldenburg, geht mit großer Wahr-
scheinlichkeit hervor, daß das Schwert aus der Schlacht
von Altenesch stammt, in der im Jahre 1234 die Ste-
dieser Datierung (Abb. 2). Auf Bitte von Professor
Dr. von Buttel-Reepen stelle ich die Lesung der zu
Weglis Ned-Gruppe gehörigen Inschrift1), wie sie
von Geheimrat Professor Dr. Rüthning versucht ist, zur
Diskussion, und möchte nur noch bemerken, daß die
■) Z. H. W. K. 3, 264.