58
K. HARNECKER: DAMASZENERSTAHL
BAND 2
DAMASZENERSTAHL
VON K. HARNECKER
Eduard von Lenz hat im Jahre 1907 (Z. H. W. K.
4, 132) die Arbeiten N. T. Belaiew’s, Petersburg über
orientalischen Damast hier besprochen, ein Thema,
das für die Waffenkunde von jeher von außerordent-
lichem Interesse gewesen ist. Wie wohl bekannt sein
dürfte, machte Belaiew seine umfangreichen und für
die Wissenschaft sehr wertvollen Versuche an einem
reichen Klingenmaterial, das Professor Tschernoff
der Michael-Artillerie-Akademie in Petersburg zum
Geschenk gemacht hatte und mit dessen Katalogi-
sierung und Beschreibung Belaiew beauftragt war.
Über Vorzüge, Ruf und Verbreitung des Damasze-
nerstahls braucht an dieser Stelle wohl nicht näher
eingegangen zu werden. Während im praktischen
Gebrauch die physikalischen Eigenschaften, wie
Härte, Elastizität, Schnittfähigkeit, ausschlaggebend
waren, die den Ruf altindischer Waffenschmiede-
kunst begründeten, dürfte den Sammler heute wohl
vorzugsweise das feine Damastmuster interessieren,
das diese Klingen kennzeichnete.
Anossow, der sich vor Belaiew viel mit Da-
mastforschung beschäftigte, unterscheidet folgende
Damastmuster:
1. Streifendamast:.das Muster besteht vorwiegend aus
geraden Linien.
2. Gewässerter Damast: die Zeichnung ist aus gera-
den und krummen Linien zusammengesetzt.
3. Wellendamast: hauptsächlich Wellen-Linien, viel-
fach unterbrochen durch Punkte.
4. Netzdamast: gespinstartige zu netzähnlichen Bil-
dern sich schlingende Anordnung von Strichen und
Punkten.
5. Stufendamast: vollkommenste Auflösung der Li-
nienstruktur zu traubenartigen Gebilden, dieFläche
der Klinge gleichermaßen in einzelne gleichgemu-
sterte Stufen teilend.
Am höchsten im Werte stand der Stufendamast, da
man — wohl halb unbewußt - aus der Zerstörung
der Linienstruktur auf die vollkommenste Durch-
schmiedung des Materials schloß.
Belaiew war der erste, der sich mit dem mikro^-
skopischen Studium des Damastgefüges beschäftigte.
Er stellte fest, daß die mikroskopisch sichtbaren
Punkte und Linien von der chemischen Verbindung
des Kohlenstoffes — dem Eisenkarbid herrühren,
während der dunkle Grund dem weniger Kohlenstoff
enthaltenden Härtegefüge entspricht.
Über die Herstellungsart dieses Stahls stellte Be-
Abb. i.
laiew verschiedene Theorien auf, die er experimentell
zu erhärten suchte. Der Wirklichkeit am nächsten
dürfte wohl die Annahme kommen, daß man Erz mit
Kohle oder Grafit im Tiegel verschmolz und langsam
K. HARNECKER: DAMASZENERSTAHL
BAND 2
DAMASZENERSTAHL
VON K. HARNECKER
Eduard von Lenz hat im Jahre 1907 (Z. H. W. K.
4, 132) die Arbeiten N. T. Belaiew’s, Petersburg über
orientalischen Damast hier besprochen, ein Thema,
das für die Waffenkunde von jeher von außerordent-
lichem Interesse gewesen ist. Wie wohl bekannt sein
dürfte, machte Belaiew seine umfangreichen und für
die Wissenschaft sehr wertvollen Versuche an einem
reichen Klingenmaterial, das Professor Tschernoff
der Michael-Artillerie-Akademie in Petersburg zum
Geschenk gemacht hatte und mit dessen Katalogi-
sierung und Beschreibung Belaiew beauftragt war.
Über Vorzüge, Ruf und Verbreitung des Damasze-
nerstahls braucht an dieser Stelle wohl nicht näher
eingegangen zu werden. Während im praktischen
Gebrauch die physikalischen Eigenschaften, wie
Härte, Elastizität, Schnittfähigkeit, ausschlaggebend
waren, die den Ruf altindischer Waffenschmiede-
kunst begründeten, dürfte den Sammler heute wohl
vorzugsweise das feine Damastmuster interessieren,
das diese Klingen kennzeichnete.
Anossow, der sich vor Belaiew viel mit Da-
mastforschung beschäftigte, unterscheidet folgende
Damastmuster:
1. Streifendamast:.das Muster besteht vorwiegend aus
geraden Linien.
2. Gewässerter Damast: die Zeichnung ist aus gera-
den und krummen Linien zusammengesetzt.
3. Wellendamast: hauptsächlich Wellen-Linien, viel-
fach unterbrochen durch Punkte.
4. Netzdamast: gespinstartige zu netzähnlichen Bil-
dern sich schlingende Anordnung von Strichen und
Punkten.
5. Stufendamast: vollkommenste Auflösung der Li-
nienstruktur zu traubenartigen Gebilden, dieFläche
der Klinge gleichermaßen in einzelne gleichgemu-
sterte Stufen teilend.
Am höchsten im Werte stand der Stufendamast, da
man — wohl halb unbewußt - aus der Zerstörung
der Linienstruktur auf die vollkommenste Durch-
schmiedung des Materials schloß.
Belaiew war der erste, der sich mit dem mikro^-
skopischen Studium des Damastgefüges beschäftigte.
Er stellte fest, daß die mikroskopisch sichtbaren
Punkte und Linien von der chemischen Verbindung
des Kohlenstoffes — dem Eisenkarbid herrühren,
während der dunkle Grund dem weniger Kohlenstoff
enthaltenden Härtegefüge entspricht.
Über die Herstellungsart dieses Stahls stellte Be-
Abb. i.
laiew verschiedene Theorien auf, die er experimentell
zu erhärten suchte. Der Wirklichkeit am nächsten
dürfte wohl die Annahme kommen, daß man Erz mit
Kohle oder Grafit im Tiegel verschmolz und langsam