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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

DOI issue:
Band 2, Heft 12
DOI article:
Cripps-Day, F. H.; Beard, Charles R. [Contr.]: Noch einmal der Prunkharnisch des Herzogs Christian von Braunschweig
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Fachnotizen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0296

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284

FACHNOTIZEN

BAND 2

Minories, London, die Witwe Mary Litherland33),
woraus hervorgeht, daß er zu jener Zeit den
Werkstätten in den Minories und im Tower zuge-
teilt war. Das einzige Kind aus dieser zweiten Ehe,
33) Marriage Liscenses issued by the Bishop of London,
Bd. II. pg. 146.

über das sich eine Eintragung findet, war Mary,
getauft zu Greenwich am 22. Oktober 1626 31). Über
Tod und Arbeiten des Tobias ist nichts aufzu-
finden.
(Deutsch von D. Michelly).
34) Parish Registers, pg. 22.

FACHNOTIZEN

Bemerkungen zu dem Aufsatz „Ein Feldharnisch König
Franz I. usw.“ von Paul Post, Z. H. W. K. 2 (11), 201 ff.
Ich sehe mich veranlaßt, zu diesem Aufsatz Stellung zu
nehmen. Jede Polemik gegen den hochverdienten und
kenntnisreichen Forscher liegt mir fern; ich beabsichtige
lediglich, meine eigenen Ansichten über dieses Thema aus-
einanderzusetzen, wobei ich auf die dort eingeschalteten
Abbildungen verweise.
Der fragliche Harnisch im Berliner Zeughaus gehört,
wie er auch bisher angesehen war, unter allen Um-
ständen nach seiner höchst charakteristischen Form der
Zeit von 1550—70 an. Beweis dafür: die lange Brust
mit gebogenem Oberrand, der Helm und die linke
Schulter, die sich der Körperform anschmiegt. Alle die
zahlreich erhaltenen, in der Form ganz ähnlichen Har-
nische werden in diesen Zeitraum gesetzt, z. B. der des
Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach im Zeughaus,
der des Kaisers Ferdinand I. in Wien (Grosz, der Har-
nisch, Fig. 14) und so viele andere, daß über die Zeit-
bestimmung dieser Form gar kein Zweifel sein kann.
Die Akten, die über unsern Harnisch vorhanden sind,
setzen die Bestellung auf 1538 und die Ablieferung auf
1542 fest. In dieser Zeit war aber die Harnischform eine
wesentlich andere, namentlich war die Brust die sog. Ta-
pulbrust mit spitzer, weit vorstehender Vortreibung in
der Mitte und stark geschnürtem, horizontailem Ober-
rand, wie sie z. B. der schöne Harnisch im Zeughaus,
der die Jahreszahl 1549 am Helm trägt, in sehr charak-
teristischer Weise zeigt. Es ist in den erwähnten Akten
kein Wort enthalten, das irgendwie eine Einzelheit be-
schreibt, aus der man die betreffenden Harnische erkennen
könnte.
Die Dekoration ist die in der 2. Hälfte des 16. Jahr-
hunderts allgemein übliche. Ähnlich dekorierte Har-
nische sind sehr zahlreich, z. B. auf t der Wartburg
(Diener-Schönberg, Nr. 67, 68, 69, 76, bei denen eben-
falls die Seitenranken des Mittelstreifens der Brust in
die blanke Fläche hereinragen, und Nr. 73). Dieser
Mittelstreifen zeigt auf der Brust als auffallendes Bild
im obersten Ring des Rankenwerks ein auffliegendes
Hühn (nicht Hahn), auf der Rückseite einen Falken,
der auf einen Reiher stößt. Dieser Dekoration messe
ich keine persönlidhe, sich auf den Besitzer beziehende
Bedeutung bei, ich halte sie lediglich für jagdliche Dar-
stellungen. Daß das Huhn auf einen Grafen v. Henne-
berg deuten sollte, halte ich für undenkbar, da das Henne-
bergsche Huhn stets stehend und nicht auffliegend darge-
stellt ist. Nach all diesem halte ich es für ausgeschlos-
sen, daß der Harnisch des Zeughauses zwischen 1538

und 1543 geschlagen sein und dem König (Franz I
(t 1547) gehört haben kann1).
Der Harnisch wird mit demjenigen im Musee de
l’armee zu Paris, der ebenfalls König Franz I. zuge-
schrieben wird, in Verbindung gebracht. Allein ich halte
auch diese Zuschreibung für irrig, da er ganz dieselben
Formen aufweist wie der Berliner, also ebenfalls nicht
1538 bis 1542 geschlagen sein, demnach ebensowenig wie
dieser in den erwähnten Akten bestellt sein kann. Neben
der allgemeinen Form ist es aber namentlich 'die De-
koration, welche die Zuschreibung ausschließt, da diese an
vielen Stellen aus einer Lilie besteht, die zwischen
den Blütenblättern große Staubfäden zeigt. Dies ist
aber nicht die französische Lilie, sondern die des Wap-
pens von Florenz. Franz I. hatte keine Beziehungen zu
Florenz, sondern erst sein Sohn, Heinrich II. heiratete
die bekannte, dorther stammende Katarina von Me-
dici. Es ist an sich schon nicht denkbar, daß der König
von Frankreich ein falsches Wappenbild führte und daß
ein Plattner vom Range Seussenhofers ein solches auf
einem von diesem bestellten Harnisch mehrfach ange-
bracht hat.
Form wie Dekoration verweisen also den Harnisch
auf eine spätere Zeit.
Ich möchte noch hinzufügen, daß der Harnisch mit dem
Portrait Franz I. in Schrenck v. Notzings „Armamentarium
Heroicum“ abgebildet ist, wobei die Ecken der das Bild
umgebenden Architektur ebenfalls die Florentiner Lilie
mit den Staubfäden zeigen.
Wem aber dieser Harnisch tatsächlich gehört hat,
darüber gibt das Werk von Niox (Le Musee de l’armee,
par le General Niox, Paris 1917) auf S. 40 (Text zu PL
XVIII) einen, nach meiner Ansicht ziemlich sicheren Auf-
schluß. In dieser Stelle ist ein, ebenfalls in Paris be-
findlicher Harnisch König Franz II. (1559—60) bespro-
chen und die auf dem Mittelstreifen der Brust ange-
brachte Dekoration abgebildet. Diese zeigt das Portrait
des jungen Königs, darunter den Salamander Franz L,
den Halbmond Heinrichs II. und die florentinische
Lilie, als Abzeichen Franz II. Es ist anzunehmen,
daß dieser das florentinische Wappen zu Ehren seiner
Mutter, Katarina von Aiedici, als Emblem gewählt hat.
Es besteht deshalb für mich kein Zweifel, auch wenn
dadurch eine liebgewordene Tradition zerstört wird, daß
dieser Harnisch nicht Franz L, sondern Franz II. ge-
hört hat.
’) Der Harnisch „mit den Adlern“ des Erzherzogs Ferdinand in Wien,
hat ähnliche Formen, er ist 1547 bestellt und also eines der ersten Produkte
der neuen Mode in der Harnischkunst, die dann zwei Jahrzehnte ihren Platz
behauptete.
 
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