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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 2.1926-1928

DOI Heft:
Band 2, Heft 11
DOI Artikel:
Weyersberg, Albert: Die Verschleppung der Waffenherstellung durch Solinger Handwerksbrüder
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69978#0265

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HEFT 11 ALBERT WEYERSBERG: DIE VERSCHLEPPUNG DER WAFFENHERSTELLUNG USW.

253

daß ein zu der Bruderschaft der Solinger Schwert-
schmiede zählender Kocll (Koll) das Kölner Bürger-
recht erworben und daraufhin sein Handwerk in
Köln ausgeübt hatte.
Von altersher war in Köln die Anfertigung und
der Vertrieb von Schwertklingen, nicht aber der
Straßenhandel mit diesen, nur den Angehörigen der
Kölner Schwertfegerzunft gestattet, während der
Klingengroßhandel, der für die Solinger besonders
ins Gewicht fiel, den Kölner Kaufherren vorbehal-
ten blieb. Diese nahmen Solinger Klingen auf La-
ger und setzten sie neben den von den Kölner
Schwertfegern gekauften Schwertern in großen Men-
gen nach auswärts ab.
Vieles bedarf in diesen Fragen noch der Aufhel-
lung, die nur durch sorgfältige Durchforschungen
des Kölner Stadtarchivs wird gewonnen werden
können. Solinger, zumal wohl Angehörige der
Schwertfegerbruderschaft, die nicht durch den Ver-
bleibungseid gebunden waren, wurden schon früher
Kölner Bürger und hatten laut den Kölner Schreins-
urkunden in Köln Hausbesitz. 1611 vermählte sich
zu Amsterdam der Griffmacher, Witwer Abraham
Kool; er nannte ein Grundstück sein eigen und
stammte aus Köln3 4). Seine Familie wird indeß So-
linger Herkunft gewesen sein, gerade wie die des
in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in
Amsterdam wohnenden Johannes Clauberg aus
Köln ♦).
Unter den Solinger Schwertschmieden, die zu
Ende des 16. Jahrhunderts persönlich bekannt und
geschätzt wurden, waren die Mungsten (Munsten,
Müngsten). Einen der ihrigen, Andres Munesten,
hat das Verlangen, die ausländische Arbeitsweise
kennen zu lernen, nach Spanien getrieben. Sein
Name steht in der Liste der Toledaner Klingen-
schmiede; auch in Calatayel hat dieser Meister gear-
beitet, wie Don Jose Rodriguez Palomina in lu-
binal berichtet.
Um jene Zeit schaffte ferner Henricus (Enrique)
Col, dessen bekannte Klingen ohne Ausnahme spa-
nische Inschriften tragen. Nur einmal kommt auf
ihnen der Name Solingen vor, aber stets der des
großen deutschen Heimatlandes Alem ania. Wo mag
Col, der geheimnisvolle Meister des Heiligen Kreu-
zes und Klingenschmied des Königs (von Spanien),
gearbeitet haben, ob zeitweise in den spanischen
Niederlanden oder in Toledo? Übrigens könnte auch

3) Die Kreuz- und Knopfschmiede Kool (von Solingen).
Die Heimat. Solingen 1927. S. 63.
4) Solinger Familien in den Niederlanden. Die Heimat,
Solingen 1928. S. 11.

Köln hier in Frage kommen. Hispanisierter In-
schriften bedienten sich gleichfalls Clemens Dinger,
Clemens Keuller, Ceils Löbach, Ivan Ollig5).
Vielleicht schon früher haben Solinger Kreuz- und
Knopfschmiede ihrer Heimat, in der sie nicht hin-
reichend Beschäftigung fanden, den Rücken gekehrt;
wurden doch in der Hauptsache nur lose Klingen in
Solingen bestellt und deren Montierung, den Wün-
schen der Käufer entsprechend, draußen vorgenom-
men. Hier stoßen wir wiederum auf den Namen
Kool und zwar in Amsterdam und im Haag in den
Niederlanden. Jan Kool van Solingen, ein um
1560/65 geborener Griffmacher und Kreuzschmied
(cruijssmit), wurde 1605 Bürger von Amsterdam.
Sein um das Jahr 1590 geborener Sohn Arent, der
das gleiche Handwerk wie sein Vater betrieb, wohnte
bis zum Jahre 1641 in der Egelantierstraet und ver-
zog dann in die Kalverstraat. An seinem Haus soll
ein Schild mit der Aufschrift „in Solingen“ gehan-
gen haben, ein Beweis dafür, was der Name So-
lingen damals draußen bedeutete. Übrigens fügte
Arent Kool seinen Namen auch in Schriftstücken
„van Solingen“ bei, z. B. in einem Gesellenbrief vom
25. November 1634, der für seinen Gehilfen (Knecht)
Pieter Taecken von Solingen ausgestellt und nota-
riell beglaubigt wurde. Da in Amsterdam weiterhin
die Kreuzschmiede Andreas Kool geb. um 1569,
Abraham Kool 1611 und im Haag 1611 Pieter Kool
arbeiteten, war ihr Gewerbe sicherlich lohnend6),
und viele aus Solingen bezogene Klingen werden
von ihnen mit Griffen versehen worden sein.
Laut einer nicht nachprüfbaren Schätzung soll es
nach dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts im
Solinger Handwerksbezirk, abgesehen von den Mei-
stern, die auch Messer machten, über hundert
Schwertschmiede gegeben haben. Die Schleifer nahm
man auf gegen dreihundert an, von denen die Hälfte
an Messern arbeiteten7).
Daß es nicht möglich war, den immer zahlreicher
werdenden Schwertschmieden in der Weise, wie es

5) Weyersberg, Solinger Schwertschmiede des 16. und
17. Jahrhunderts und ihre Erzeugnisse. S. 16ff., Solingen
1926.
«) Die Heimat. Solingen 1927, S. 63. 1928, S. 10/11. —
Die Familie Tacke war noch zu Ende des 17. Jahrhunderts
in Solingen vertreten, aber nicht in den privilegierten
Handwerken.
7) Staatsarchiv Wetzlar (jetzt Düsseldorf) S. 1, Nr.2317/
7861, 23/24. K. I. Wiebeking gibt die um das Jahr 1790,
wo die Nachfrage nach Klingen groß war, arbeitenden
Schmiede auf fünfhundert an, eine doch wohl etwas hoch
gegriffene Zahl. Daniels, Vollständige Beschreibung
der Schwert-, Messer- und übrigen Stahl-Fabriken zu So-
lingen im Herzogtum Berg. Düsseldorf 1808.
 
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